Warum Lebensmittelunverträglichkeiten zunehmen

Warum Lebensmittelunverträglichkeiten zunehmen! class=

Modeerscheinung, Genetik oder echte Allergie? Diese Ursachen gibt es

Christian Engel
Autor: Christian Engel
Liz. Coach für Training und Ernährung
aktualisiert am: 10.10.2022

Immer mehr Menschen scheinen heute unter einer Lebensmittelunverträglichkeit zu leiden, was oft als Modeerscheinung abgestempelt wird. Bei vielen Menschen geht die Unverträglichkeit jedoch so weit, dass sie bestimmte Lebensmittel nicht mehr essen können, weil sie danach unter Blähungen, Völlegefühl, Durchfall oder Bauchschmerzen leiden. Dieser Artikel nimmt das Thema Lebensmittelunverträglichkeiten etwas genauer unter die Lupe und zeigt, welche Ursachen dafür infrage kommen können.

Lebensmittelunverträglichkeit kommt häufiger vor

Statistisch gesehen sind Lebensmittelunverträglichkeiten keine Seltenheit. Ganz im Gegenteil: So soll eine in Deutschland durchgeführte Studie ergeben haben, dass etwa 20 Prozent der in Deutschland lebenden Männer bestimmte Nahrungsmittel nicht vertragen. Bei den Frauen soll der Anteil mit etwa 30 Prozent sogar noch etwas höher sein.1

Während einige Menschen erst mit zunehmendem Alter auf einige Lebensmittel allergisch reagieren können, entwickeln andere schon im frühen Kindesalter eine Lebensmittelunverträglichkeit. Oft werden die Symptome nur unterschwellig wahrgenommen und nicht als echte Lebensmittelunverträglichkeit entlarvt und diagnostiziert. Viele Menschen können sogar auf Nahrungsmittel allergisch reagieren, mit denen sie früher keine Probleme hatten.

Fakt ist: Unverträglichkeiten scheinen sich in den vergangenen Jahren zu häufen, weshalb die Genetik von vielen Wissenschaftlern immer wieder als Hauptursache genannt wird. Andere Forscher wiederum halten dagegen und bringen die Lebensmittelunverträglichkeiten mit einer kontinuierlichen Zunahme von Umwelteinflüssen in Zusammenhang.

Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Allergie: Was ist der Unterschied?

Häufig werden Unverträglichkeiten von bestimmten Lebensmitteln mit einer Allergie gleichgesetzt, jedoch müssen beide Begriffe unterschiedlich betrachtet werden.

Was ist eine Allergie?

Allergien werden durch bestimmte Proteine in Lebensmitteln ausgelöst, wobei der Körper schon bei den kleinsten Mengen allergisch reagieren kann. Eine echte allergische Reaktion kann sich dabei unterschiedlich bemerkbar machen und tritt immer in Verbindung mit dem jeweiligen Lebensmittel auf. Die Reaktion lässt in der Regel nicht lange auf sich warten. So können bestimmte Nahrungsmittel

  • Hautausschläge,
  • Schwellungen,
  • Hautrötungen (Nesselausschlag),
  • Juckreiz,
  • Übelkeit oder
  • Atemnot

verursachen, die bei einer starken Überreaktion des Immunsystems durchaus lebensbedrohlich sein können. Nüsse – insbesondere Erdnüsse – gehören zu den häufigsten allergenen Lebensmitteln, allerdings können

  • Sojaprodukte,
  • Milchprodukte,
  • Getreide (Weizen),
  • Schalentiere und
  • Fisch

ebenfalls als Ursache für eine Lebensmittelallergie infrage kommen.

Was ist eine Lebensmittelunverträglichkeit?

Im Gegensatz zu einer Allergie handelt es sich bei einer Lebensmittelunverträglichkeit vielmehr um eine Überempfindlichkeit gegen bestimmte Lebensmittelbestandteile und Zusatzstoffe. Verglichen mit einer echten Nahrungsmittelallergie tritt die Reaktion nicht sofort auf, sondern kann sich auch erst Stunden danach bemerkbar machen. Hierzu gehören vor allem Verdauungsstörungen, wie zum Beispiel Durchfall, Völlegefühl, Blähungen oder Bauchschmerzen.

Welche Lebensmittelunverträglichkeiten gibt es?

Zu den häufigsten und bekanntesten Lebensmittelunverträglichkeiten gehört die Laktose- und Fruktoseintoleranz und die Glutenunverträglichkeit. Bei beiden Unverträglichkeiten tritt eine Reaktion auf natürlich enthaltene Nahrungsmittelbestandteile auf.

Laktoseintoleranz

Bei einer Laktoseintoleranz reagieren Betroffene auf den in Milch und Milchprodukten enthaltenen Milchzucker (Laktose). Eine bestimmte Menge an Milch und Milchprodukten wird bei einer Laktoseintoleranz meist vertragen, jedoch werden größere Mengen oder ein zu häufiger Verzehr nicht toleriert.

Fruktoseintoleranz

Bei einer Fruktoseintoleranz wird der in Obst und Obstsäften enthaltene Fruchtzucker nicht vertragen. Die Ursache ist meist in einer schlechten Absorption des Fruchtzuckers über die Darmschleimhaut zu suchen. Fruktose kann übrigens auch in bestimmten Gemüsesorten, beispielsweise Brokkoli, Porree und Zucchini, sowie in süßen Weinen, isotonischen Getränken und einem „Radler“ stecken.

Glutenunverträglichkeit

Ebenfalls zu den Nahrungsmittelunverträglichkeiten gehört die Glutenunverträglichkeit (Zöliakie). Hier können Betroffene mit einer Immunreaktion auf das in Getreide enthaltene Klebeeiweiß (Gluten) reagieren. In Weizen, Gerste und Roggen ist besonders viel Gluten enthalten. Wichtig ist hier, auf Nahrungsmittel mit Gluten lebenslang zu verzichten, um die mit einer Glutenunverträglichkeit verbundenen Symptome in den Griff zu bekommen.

Warum haben viele Menschen Unverträglichkeiten?

Immer mehr Menschen scheinen unter Lebensmittelunverträglichkeiten zu leiden. Einige Forscher glauben, dass die Zunahme an Unverträglichkeiten womöglich mit Umwelteinflüssen, einer falschen Ernährung und sinkenden Lebensmittelqualität zusammenhängt, die die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen können. Mit Darmflora – auch als Mikrobiom bezeichnet – ist die Vielfalt der im Darm lebenden Bakterien gemeint, die zu einer gesunden Verdauung und einem besseren Wohlbefinden beitragen kann.

Sie übernimmt viele Aufgaben im menschlichen Körper und ist zum Beispiel an der

  • Verdauung,
  • natürlichen Entgiftung,
  • Immunabwehr und
  • Produktion von Vitaminen

beteiligt. Da die Darmflora so viele Aufgaben übernimmt und auch in puncto Immunabwehr eine wichtige Rolle spielt, scheint der Darm unerlässlich für die Gesundheit und das Wohlbefinden zu sein. So kann sich ein kranker Darm nicht nur auf den gesamten Körper, sondern auch auf die Psyche auswirken.

Andersherum kann eine kranke Psyche auch einen negativen Einfluss auf die Darmgesundheit haben. Umwelteinflüsse und eine falsche Ernährung können beim Thema Darmflora eine entscheidende Rolle spielen. Doch: Welche Faktoren können die Darmgesundheit beeinflussen?

Welche Ursachen gibt es für eine Lebensmittelunverträglichkeit?

Über die Ursachen, die für Unverträglichkeiten infrage kommen, sind sich die Wissenschaftler immer noch uneins. Allerdings gibt es viele Faktoren, die eine Lebensmittelunverträglichkeit begünstigen können. Hierzu gehören:

Eine falsche Ernährung

Da es in puncto Ernährung für viele Menschen schnell gehen muss, sind Fast Food und Fertiggerichte in vielen Haushalten an der Tagesordnung. Sie können jedoch viele Zusatzstoffe enthalten, während sie auf der anderen Seite arm an essenziellen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen sind.

Zu wenig Ballaststoffe

Ballaststoffe können unglaublich wichtig für eine gesunde Darmflora sein. Sie können nämlich nicht nur eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Bakterien sein, sondern tragen auch zu einer verbesserten Verdauung und einem langen Sättigungsgefühl bei. Dass viele Menschen zu wenig Ballaststoffe zu sich nehmen, liegt häufig daran, dass sie auf stark verarbeitete Lebensmittel – insbesondere auf Weißmehlprodukte – zurückgreifen.

Pestizide

Pestizide sind in der konventionellen Landwirtschaft ein wichtiger Bestandteil des Ackerbaus. Sie sollen die angebauten Lebensmittel vor Fressfeinden schützen, allerdings können sie für unsere Gesundheit eine Gefahr darstellen – vor allem, wenn mit Pestiziden belastete Lebensmittel regelmäßig verzehrt werden. Derzeit geht man davon aus, dass Pestizide nicht nur den Darm, sondern auch das Erbgut und das Immunsystem schädigen und viele Krankheiten begünstigen können.

Antibiotika

Antibiotika werden immer noch bei vielen Beschwerden verwendet – vor allem bei entzündlichen Erkrankungen. Außerdem kommen sie in der Massentierhaltung zum Einsatz. Der häufige Gebrauch von Antibiotika steht jedoch in Verdacht, die Darmflora zu stören, was wiederum zu einer schlechteren Nährstoffverwertung und einer Nahrungsmittelunverträglichkeit führen kann. Da die Darmflora und das Immunsystem in einem engen Zusammenhang stehen, werden Antibiotika auch mit einer schlechteren Immunabwehr in Verbindung gebracht – immerhin befindet sich ein Großteil aller Immunzellen im Darm.

Zu wenig Vitamin D

Viele Menschen halten sich tagsüber nahezu ausschließlich in geschlossenen Räumen auf. Dies kann sich allerdings erheblich auf den Vitamin-D-Haushalt auswirken. Das „hormonähnliche“ Vitamin, das durch den Einfluss von Sonnenlicht eigenständig produziert wird, kann zum Beispiel einen positiven Einfluss auf die Psyche und das Immunsystem haben.

Zu viel Stress

Stress kann einen ebenso großen Einfluss auf den Darm haben. Er kann zwar keine Lebensmittelunverträglichkeiten begünstigen, jedoch kann er sich trotzdem negativ auf die Darmflora auswirken. Nicht umsonst sagen viele Menschen, dass sie infolge von Stress unter einem „nervösen Magen“ leiden – oft begleitet von Völlegefühl, Sodbrennen und Verdauungsbeschwerden.

Was tun gegen Nahrungsmittelunverträglichkeit?

Sobald man unter einer Unverträglichkeit leidet, sollten die jeweiligen Lebensmittel nach Möglichkeit nur in Maßen verzehrt, beziehungsweise gänzlich gemieden werden. Um das Risiko von Unverträglichkeiten zu senken, sollte auf die Qualität von Lebensmitteln viel Wert gelegt werden. Außerdem kann es empfehlenswert sein, zu einer gezielten Stärkung des Darms beizutragen, der von vielen Experten als Ursache für Unverträglichkeiten angesehen wird.

Auslöser meiden

Wer unter einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leidet, sollte die Auslöser unbedingt meiden. Bei einer Unverträglichkeit ist es ratsam, die Ursachen von einem Arzt abklären zu lassen und die Ernährung entsprechend auszurichten. Bei einer Glutenunverträglichkeit sollten glutenhaltige Produkte nach Möglichkeit gänzlich gemieden werden. Dies gilt nicht nur für die meisten Getreidesorten, sondern auch für entsprechende Produkte aus Getreide, wie zum Beispiel Pasta.

Sogenanntes Pseudogetreide, wie zum Beispiel Amarant, Buchweizen und Quinoa, ist bei einer Glutenunverträglichkeit die bessere Wahl. Auch werden Reis und Reisprodukte besser vertragen.

Vitamin D

Vitamin D kann eine wertvolle Unterstützung für das Immunsystem sein. Umso wichtiger ist die Aufnahme von Vitamin D – am besten über das Sonnenlicht. Vitamin D kann auch über die Ernährung zugeführt werden, beispielsweise durch den regelmäßigen Verzehr von Fisch. Verglichen mit dem Sonnenlicht, das der Körper zur Bildung von Vitamin D braucht, sind die Mengen in Lebensmitteln gering. Viele Menschen nehmen deshalb ein Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D ein, um die Vitamin-D-Zufuhr zu unterstützen.

Viel trinken

Ganz gleich, ob Unverträglichkeit oder nicht: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, um für eine optimale Verdauung zu sorgen, den Körper zu hydrieren und ihn bei der natürlichen Entgiftung zu unterstützen. Zwei Liter sollten es mindestens sein – am besten in Form von stillem Mineralwasser. Bei sportlichen Aktivitäten und im Sommer sollte die Flüssigkeitszufuhr entsprechend angepasst werden. Viele Sportler greifen in Zeiten intensiver körperlicher Belastungen auch gerne auf Mineraldrinks zurück, um den Körper mit Mineralien zu versorgen.

Milchprodukte reduzieren

Milch und Milchprodukte werden von vielen Menschen nicht vertragen. Bei einer Laktoseintoleranz kann es deshalb ratsam sein, bestimmte Produkte gänzlich zu meiden. Glücklicherweise gibt es heute viele Alternativen, um Milch und Milchprodukte zu ersetzen. So können Betroffene anstelle von Kuhmilch zum Beispiel auf Pflanzenmilch aus Soja, Reis oder Hafer zurückgreifen. Auch können Quark und Joghurt durch pflanzliche Alternativen ersetzt werden. Dies gilt übrigens auch für Proteinpulver. So können Eiweißpulver aus Soja, Reis und Erbsen nicht nur für Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten, sondern auch für Veganer eignen.

Enzyme können helfen

Enzyme sind für die Verdauung unerlässlich. Sie tragen zu einer besseren Verstoffwechslung von Kohlenhydraten, Fetten, Eiweißen und Pflanzenfasern bei und können selbst die Verdauung von Milchzucker unterstützen. Enzyme kann der Körper eigentlich selbst bilden, jedoch kann die körpereigene Herstellung aufgrund einer gestörten Darmflora eingeschränkt sein. Außerdem lässt die Produktion von Enzymen mit zunehmendem Alter nach, weshalb viele Menschen auf ein Nahrungsergänzungsmittel mit Enzymen zurückgreifen, um die Verdauung zu unterstützen.

Oft sind in den Präparaten

  • Amylase (Kohlenhydratverdauung)
  • Proteasen (Eiweißverdauung),
  • Lipasen (Fettverdauung),
  • Lactase (für die Verdauung von Milchzucker) und
  • Cellulase (für die Verdauung von Pflanzenfasern)

enthalten, um die nachlassende oder fehlende körpereigene Produktion zu ergänzen, beziehungsweise zu ersetzen.

Mehr Ballaststoffe

Ballaststoffe bringen den Darm auf Trab. Sie tragen nicht nur zu einer besseren Verdauung bei, sondern dienen vielen Darmbakterien als Nahrungsgrundlage. Zu den ballaststoffreichen Lebensmitteln gehören zum Beispiel Hülsenfrüchte, Leinsamen, Gemüse und Chiasamen, die regelmäßig auf dem Speiseplan stehen sollten.

Wer zum Beispiel Gluten (in Maßen) verträgt, kann die Ernährung durch Haferflocken ergänzen. Sie halten den Insulinspiegel in Balance, machen lange satt und sind reich an gesunden Nährstoffen. Im Gegensatz zu Weizen und Roggen ist der Anteil an Gluten gering, sodass sie – in Kombination mit frischen Früchten, Nüssen und Leinsamen – ein guter Lieferant für Ballaststoffe sind.

Auf Qualität bei Lebensmitteln achten

Lebensmittelqualität spielt bei einer Unverträglichkeit eine wichtige Rolle. Herkömmliche Lebensmittel aus konventioneller Landwirtschaft und Haltung sind oft mit Pestiziden und Antibiotika belastet, weshalb Betroffene auf eine Ernährung mit hochwertigen Lebensmitteln aus biologischem Anbau und biologischer Haltung achten sollten.

Probiotika einbeziehen

Probiotika können eine gute Unterstützung für die Darmflora sein, um das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen und die Verdauung bei vorhandenen Unverträglichkeiten zu unterstützen. Ist die Darmflora erst einmal aus der Balance geraten, können schädliche Darmbakterien, die Verdauungsbeschwerden verursachen können, überwiegen.

Durch eine gezielte Zufuhr von Probiotika kann die Darmflora mit nützlichen Darmbakterien angereichert werden, die für einen gesunden Darm und eine optimale Verdauung unentbehrlich sind. Probiotika sind zum Beispiel in Joghurt, Kefir, Sauerkraut, Tempeh und Kombucha enthalten. Alternativ können sie auch in Form eines Nahrungsergänzungsmittels eingenommen werden.

Fazit: Unverträglichkeiten durch eine Veränderung der Lebensweise lindern

Eine Lebensmittelunverträglichkeit ist keine Seltenheit. Sie wird oft nicht nur durch Gluten oder Laktose verursacht, sondern kann auch durch eine falsche Ernährung, zu wenig Ballaststoffe und eine nachlassende Qualität von Lebensmitteln infolge von Pestiziden oder Antibiotika begünstigt werden.

Wichtig ist vor allem, den Darm zu stärken, da eine aus dem Gleichgewicht geratene Darmflora häufig als Hauptursache von bestehenden Unverträglichkeiten angesehen wird. Um den Darm gezielt zu stärken und zur Vorbeugung oder Linderung von Unverträglichkeiten beizutragen, können Ballaststoffe, Probiotika und Enzyme eine wirksame Unterstützung sein.