Konzentrisches oder exzentrisches Training: Was ist besser für den Muskelaufbau?

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Christian Engel
Autor: Christian Engel
Liz. Coach für Training und Ernährung
aktualisiert am: 16.10.2024

Regelmäßiges Training ist für den Muskelaufbau essenziell. Jede Bewegung besteht dabei aus drei Phasen: der exzentrischen, isometrischen und konzentrischen.

Ob Kniebeugen, Bankdrücken, Curls oder French Press: Bei jeder Bewegung wird das Gewicht herabgelassen und im Anschluss wieder nach oben gedrückt. Viele Athleten versuchen dabei, den Muskelaufbau durch das Auflegen von mehr Gewicht zu verbessern. Dabei gibt es mit der konzentrischen, exzentrischen und isometrischen Phase einer Bewegung weitere Möglichkeiten, den Aufbau von Muskeln und Kraft zu verbessern. Wir stellen die einzelnen Bewegungen etwas genauer vor.

Was bedeutet exzentrisch und konzentrisch?

Wer Muskeln aufbauen und die Fitness verbessern möchte, hat in erster Linie das Training im Blick. Eine optimale Auswahl von Übungen ist hier ebenso von Bedeutung wie die ideale Aufteilung der Trainingstage. Auch spielt die Ernährung eine große Rolle. Um das Muskelwachstum zu verbessern, sollte die Belastung möglichst progressiv gesteigert werden, damit die Muskulatur sich immer wieder neu anpassen muss. Eine Möglichkeit ist, bei den Übungen etwas mehr Gewicht aufzulegen. Dies ist allerdings nicht bei jedem Training möglich. Eine weitere Möglichkeit sind Intensitätstechniken.

Überdies gibt es noch eine weitere Möglichkeit für optimalen Muskelaufbau: die Ausnutzung von konzentrischen, exzentrischen und isometrischen Bewegungen. Hierbei handelt es sich um drei wichtige Phasen einer Bewegung, die im Training meist unbewusst ausgeführt werden. Dabei können sie entscheidend für das Muskelwachstum sein – vor allem bei fortgeschrittenem Training.

Was ist konzentrisch?

Die konzentrische Bewegung ist wahrscheinlich einer der wichtigsten Teile des Bewegungsablaufs, wenn die Last nach oben gedrückt wird, wie zum Beispiel beim Bankdrücken. In den meisten Fällen liegt der Schwerpunkt des Trainings auf dem konzentrischen Teil, mit dem Ziel, das Gewicht bestmöglich nach oben zu drücken und eine weitere Wiederholung durchzuführen.

Schaut man sich diesen Bewegungsteil etwas genauer an, wird der jeweilige Muskel verkürzt. Am Beispiel von French Press würde das bedeuten, dass der Trizeps durch das Herablassen des Gewichts zuerst gedehnt, also in die Länge gezogen wird, ehe sich der Muskel durch ein Zurückführen des Gewichts wieder strafft, beziehungsweise verkürzt.

Grundsätzlich gibt es bei jeder Übung eine konzentrische Phase. Hierzu gehören:

  • die Aufwärtsbewegung beim Kniebeugen
  • die Aufwärtsbewegung beim Kreuzheben
  • die Zugbewegung beim Latziehen
  • die Zugbewegung beim Rudern
  • die Aufwärtsbewegung bei Bizepscurls
  • das Strecken der Beine an der Beinpresse
  • die Beinstreckung beim Beinstrecker
  • die Aufwärtsbewegung beim Wadenheben
  • die Aufwärtsbewegung beim Bankdrücken
  • die Aufwärtsbewegung beim Seitheben
  • die Streckung der Arme bei French Press

Allgemein hält sich die These immer noch hartnäckig, dass die konzentrische Bewegung der wichtigste Teil einer Bewegung ist. Dabei ist der exzentrische Teil von ebenso großer, wenn nicht von größter Bedeutung.

Was ist exzentrisch?

Der exzentrische Bewegungsteil ist das genaue Gegenteil einer konzentrischen Bewegung. Hiermit wird die Muskulatur in die Länge gezogen und gedehnt, wie zum Beispiel

  • bei der Abwärtsbewegung beim Kniebeugen
  • bei der Abwärtsbewegung beim Kreuzheben
  • beim Herablassen beim Latziehen
  • in der gestreckten Position beim Rudern
  • in der gestreckten Position bei Bizepscurls
  • beim Beugen der Beine an der Beinpresse
  • in der gebeugten Beinstellung beim Beinstrecker
  • bei der Abwärtsbewegung beim Wadenheben
  • bei der Abwärtsbewegung beim Bankdrücken
  • bei der Abwärtsbewegung beim Seitheben
  • bei der Beugung der Arme bei French Press

Wer den exzentrischen Teil bewusst ausführt, spürt, dass die Bewegung ebenso viel Kraft kostet wie der konzentrische Teil. Anstatt das Gewicht am Beispiel von Bankdrücken einfach auf die Brust fallen zu lassen, sollte diese Phase langsam ausgeführt werden, damit die Muskeln die kontrollierte (verlangsamte) Geschwindigkeit aktiv halten müssen. Dadurch verbessert sich das Zusammenspiel von Muskeln und Muskelfasern, was sich wiederum positiv auf die Koordination auswirkt.

Trotzdem konzentrieren sich viele Athleten in erster Linie auf den konzentrischen Teil, indem sie die exzentrische Teilbewegung so schnell wie möglich ausführen, um das Gewicht mit möglichst viel Schwung wieder nach oben zu bringen. Dies birgt wiederum die Gefahr von Verletzungen.

Was ist isometrisch?

Neben der konzentrischen und exzentrischen Phase gibt es noch eine dritte Phase, die ebenfalls ein fester Bestandteil des Bewegungsablaufs ist. Hierbei handelt es sich um die sogenannte isometrische Phase, die sozusagen zwischen der konzentrischen und exzentrischen Phase liegt. Die isometrische Phase lässt sich am besten am Beispiel von Planks erklären. Hier wird die Position sekunden- oder minutenlang gehalten, ohne sich dabei zu bewegen.

Dies lässt sich auch auf die einzelnen Übungen übertragen. Am Beispiel von Bankdrücken findet die isometrische Phase einer Bewegung sogar zweimal statt, wobei eine Phase deutlich mehr Kraft beansprucht als die andere. Die erste isometrische Phase endet dabei am Endpunkt der exzentrischen Phase, wenn das Gewicht (am Ende des Herablassens) kurz gehalten wird. Auch wenn dies nur ein Bruchteil einer Sekunde ist, ehe das Gewicht wieder in die Ausgangspunkt gebracht wird, ist diese Phase trotzdem nicht zu verachten. Immerhin muss die Muskulatur in dieser Position viel Arbeit leisten, um das Gewicht zu halten.

Die zweite isometrische Phase beginnt am Ende der konzentrischen Phase. Auch hier wird das Gewicht am Endpunkt der Bewegung kurz gehalten, ehe es mit dem Herablassen des Gewichts wieder in die exzentrische Phase geht. Statische Bewegungen, bei denen das Gewicht eine gewisse Zeitlang gehalten wird, werden im Training häufig vernachlässigt. Dabei können sie ebenso wie die konzentrischen und exzentrischen Bewegungen zu einer Überwindung von Trainingsplateaus und zu einem besseren Muskelaufbau und Kraftzuwachs beitragen.

Indem man das Gewicht am Ende der Bewegung für 1 bis 2 Sekunden hält, erhöht sich die Spannung in der Muskulatur. Auch können isometrische Bewegungen die Griffkraft verbessern, was vor allem für

  • Kreuzheben,
  • Klimmzüge (oder Latziehen),
  • Rudern,
  • aufrechtes Rudern und
  • Ausfallschritte mit Kurzhanteln

von großem Vorteil ist.

Warum isometrische Übungen für den Muskelaufbau?

Die meisten Sportler legen großen Wert auf das konzentrische Training. Nicht ohne Grund: Es scheint der Hauptakteur einer Bewegung zu sein, da die Last meist mit großem Kraftaufwand nach oben bewegt wird. Deshalb bestimmt das konzentrische Training in den meisten Fällen auch den Erfolg, sobald mehr Wiederholungen ausgeführt oder höhere Gewichte bewegt werden können. Über die Haltearbeit einer Übung spricht jedoch kaum jemand.

Tatsächlich wird den isometrischen Übungen wenig Aufmerksamkeit geschenkt, wahrscheinlich weil sie die Leistung während eines Satzes verringern können. Wer die Last zwischen den konzentrischen und exzentrischen Bewegungen 1 bis 2 Sekunden lang hält, wird aufgrund des erhöhten Kraftaufwands höchstwahrscheinlich weniger Wiederholungen schaffen.

Fakt ist jedoch: Mit jeder Sekunde, die der Muskel das Gewicht halten muss, steht er mehr und auch länger unter Spannung. Wird das Zeitfenster des statischen Haltens vergrößert, muss sich die Muskulatur zwangsläufig anpassen. Dies führt, ähnlich wie beim konzentrisch betonten Training (durch mehr Gewicht oder die Einbeziehung von Intensitätstechniken), zu einem besseren Muskelwachstum.

Isometrische Bewegungen, beziehungsweise statisches Halten, lassen sich prinzipiell für jede Übung anwenden, ganz gleich, ob als Planks zur Kräftigung der Core-Muskulatur, für das Bankdrücken oder das Rudern. Die Last wird, je nach Übung, am Ende der kon- oder exzentrischen Bewegung gehalten.

Beispiele für die Anwendung isometrischen Trainings:

  • Bankdrücken am Ende der exzentrischen Bewegung (ohne die Stange auf der Brust abzulegen)
  • Kniebeugen am Ende der exzentrischen Bewegung
  • Latziehen und Rudern am Ende der konzentrischen Bewegung
  • Wadenheben am Ende der konzentrischen Bewegung
  • Seitheben am Ende der konzentrischen Bewegung
  • Bizepscurls vor dem Ende der konzentrischen Bewegung (auf halber Höhe)
  • French Press am Ende der exzentrischen Bewegung

Die isometrische Haltung findet dabei immer am höchsten Punkt der Belastung statt. Bei der zweiten isometrischen Halteposition wird die Muskulatur weniger stark belastet, zum Beispiel wenn die Langhantel bei den Bizepscurls an die Brust geführt wird oder beim Bankdrücken am Ende der konzentrischen Bewegung auf den gestreckten Armen ruht.

Exzentrisch oder konzentrisch: Welche Bewegung ist besser für den Muskelaufbau?

Bei der Frage, welche Bewegung besser ist, sprechen sich viele Experten für den exzentrischen Teil aus. Sie sind nämlich der Meinung, dass dieser Teil am anspruchsvollsten ist und die Muskeln am meisten fordert. Das liegt daran, dass es bei der Abwärtsbewegung, wie es beispielsweise beim Bankdrücken der Fall ist, schwieriger ist, dass Gewicht konsequent zu kontrollieren. Anstatt es auf die Brust „fallen“ zu lassen, wird es langsam nach unten bewegt und nach einem kurzen isometrischen Stopp wieder nach oben gedrückt.

Sobald man sich im Training nicht nur auf den konzentrischen Teil konzentriert und das Gewicht so schnell wie möglich nach oben zu drücken versucht, kann man zusammen mit dem exzentrischen und isometrischen Teil zu einem besseren Muskelaufbau beitragen. Wichtig ist dabei, das exzentrische Training langsamer auszuführen als das konzentrische. Da man davon ausgeht, dass der konzentrische Teil bei normaler Ausführung mehr Energie verbraucht als der exzentrische, könnte man mit entsprechend langsamer Ausführung sogar den Energieverbrauch steigern.

Den exzentrischen Teil bedeutend langsamer auszuführen, hat vor allem in Bezug auf die Gelenkstruktur einen wesentlichen Vorteil: Anstatt den Bewegungsablauf aus dem vollen Lauf anzuhalten und ruckartig umzukehren, wird er langsam abgebremst. Somit verringert sich das Risiko, dass Muskeln, Sehnen und Bänder Schaden nehmen. Befürworter des langsamen, exzentrischen Trainings sehen dadurch auch im Alltag Vorteile, um dadurch zum Beispiel kontrollierter bergab oder treppab zu gehen und den Körper bei einem Sturz besser abzufangen.

Konzentrisch und exzentrisch: die perfekte Kombination

Untersuchungen zufolge sind langsame exzentrische und schnellere konzentrische Bewegungen die perfekte Kombination für optimalen Muskelaufbau. Die exzentrische Phase sollte dabei unbedingt länger dauern als die konzentrische. Während die konzentrische normalerweise 1 bis 2 Sekunden lang ist, sollte die exzentrische mindestens 4 Sekunden lang ausgeführt werden. Sie kann mit fortgeschrittenem Training weiter ausgedehnt werden. In erster Linie entscheidet der Trainingszustand über die Dauer.

Untersuchungen zufolge sollen im exzentrischen Bereich bis zu 30 Prozent mehr Last bewegt können – vor allem, wenn die volle Konzentration auf dieser Phase liegt und der konzentrische Teil von einem Trainingspartner unterstützt wird.

Welche Vorteile kann exzentrisches Training haben?

Ebenso wie konzentrisches Training, bei dem die Wiederholungen als spezielle Trainingsvariante ebenfalls langsam ausgeführt werden können, hat exzentrisches Training viele Vorteile. So trägt es zum Beispiel

  • zur Überwindung von Trainingsplateaus,
  • zur Verbesserung der Muscle-Mind-Connection,
  • zur Verletzungsprophylaxe,
  • zum Muskelaufbau,
  • zum Kraftzuwachs,
  • zur Verbesserung der Koordination,
  • zur Verbesserung des muskulären Zusammenspiels sowie
  • zur Steigerung der Regeneration

bei. Nachteil ist, dass exzentrisches Training einen stärkeren Muskelkater hervorrufen kann. Dieser äußert sich oft als DOMS (Delayed-Onset Muscle Soreness) – ein zeitlich verzögerter Muskelkater, der sich oft erst nach 24 bis 72 Stunden bemerkbar macht.

Wie exzentrisch trainieren?

Grundsätzlich kann das exzentrische Training eine Bereicherung für das Muskelwachstum sein. Da dieses Training jedoch eine enorme Belastung für den Körper und das Nervensystem ist, sollte es eher periodisch zum Einsatz kommen, beispielsweise als Negativtraining in einem Rhythmus von 4 Wochen. Danach könnte man sich zum Beispiel auf die konzentrische Bewegung konzentrieren, die dann langsamer ausgeführt wird als die exzentrische.

Dieser Wechsel bringt definitiv Abwechslung in das Training, um Trainingsplateaus zu überwinden, vor allem mit fortgeschrittenen Trainingsjahren. Wichtig ist, das exzentrische Training langsam zu beginnen und den konzentrischen Bewegungsteil notfalls durch einen Trainingspartner zu unterstützen, ehe er alleine bewältigt werden kann. Bei entsprechend langsamer Ausführung während der exzentrischen Phase sollte die Last entsprechend verringert werden, um die Übung sauber ausführen zu können.

Erzwungene Wiederholungen als Variante des exzentrischen Trainings

Eine Variante ist, das exzentrische Training als Intensitätstechnik anzuwenden, in Form von erzwungenen Wiederholungen. Hier werden erst 8 bis 12 Wiederholungen im normalen Tempo durchgeführt, ehe noch 3 bis 5 erzwungene Wiederholungen mit Trainingspartner anschließen. Dieser gibt in der konzentrischen Phase Unterstützung, während die exzentrische Phase langsam und kontrolliert alleine ausgeführt wird.

Für wen ist exzentrisches Training geeignet?

Exzentrisches Trainings eignet sich vor allem für Fortgeschrittene, die Trainingsplateaus überwinden und das Kraftniveau steigern möchten. Von der Technik können übrigens nicht nur Kraftsportler profitieren. Auch wenden Ausdauersportler die Technik an, um beispielsweise ihre Oberschenkel zu stärken. Selbst Anfänger profitieren davon, wenn sie schnell Kraft und Muskeln aufbauen wollen. Da Hantelübungen jedoch eine routinierte Technik voraussetzen, können Eigengewichtsübungen zunächst die bessere Wahl sein.

Fazit: Exzentrisches Training für Muskel- und Kraftzuwachs

Um mehr Muskeln und Kraft aufzubauen, lohnt es sich, die einzelnen Teile des gesamten Bewegungsablaufs etwas genauer zu betrachten. Denn: Auch wenn der Fokus vornehmlich auf dem konzentrischen Teil liegt, lohnt es sich, die Konzentration verstärkt auf den exzentrischen Teil zu legen. Exzentrisches Training trägt zum Beispiel zu einer verstärkten Muskelspannung und einem besseren muskulären Zusammenspiel bei. Außerdem hilft es, Trainingsplateaus zu überwinden und so den Kraft- und Muskelzuwachs zu unterstützen.