Alkohol und Bodybuilding – Passt das zusammen?

Alkohol im Bodybuilding passen nicht zusammen?Ich sehe schon die ersten Reaktionen im Social-Media zur Überschrift des heutigen Beitrags. „Absolutes No-Go“, „Man muss sich schon entscheiden“ oder „als Sportler trinkt man nicht“ – so in etwa wird es aussehen, aber halt Leute nicht so schnell….
Alkohol ist im Volksmund bekannt als Stimmungsheber und ist darum besonders in der Freizeit in geselliger Runde gern gesehen. Auf der anderen Seite kennt man Alkohol aber auch als Volks-Droge die mit Krankheit und Sucht in Verbindung gebracht wird. In der Tat handelt es sich bei Alkoholismus um eine schlimme Form der Abhängigkeit. Beinahe schon frevelhaft der Kontext aus 0,0 Promille-Grenzen beim Führen von Kraftfahrzeugen seitens der Gesetzgebung und andererseits Millionen wenn nicht Milliarden an Steuer-Einnahmen aus dem Verkauf einer „Droge“ die jeder ab einem bestimmten Alter völlig legal und hoch prozentig im Supermarkt kaufen kann.

Sportler machen sich in Verbindung mit Alkohol weniger Gedanken darüber in die Sucht zu verfallen, hier geht es vielmehr um allgemeine Fragestellungen wie „ist Alkohol schlecht“ oder „schadet Alkohol dem Muskelaufbau“. Eine Leistungssteigerung darf man sich von Alkohol sicher nicht erwarten, dennoch wird er in bestimmten Sportarten wie dem Schießsport oder im Biathlon dennoch gezielt angewandt bzw. steht dort im Profibereich sogar auf der Dopingliste. Hintergrund ist das Verhindern einer Erregung des sympathischen Nervensystems die spezifisch hier sportliche Ergebnisse beeinflussen kann (das ruhige Händchen würde verloren gehen).

Genug Vorgeplänkel…. Jetzt geht’s es ans Eingemachte und zur Beantwortung der Frage, wie man als moderner Bodybuilder mit dem Thema Alkohol umgehen sollte.

Alkohol – Wie geht unser Körper damit um?

Grundsätzlich zählt Alkohol zu den Substanzen mit einer hohen Bioverfügbarkeit, d.h. die Aufnahme findet erst einmal außerordentlich gut statt, wird aber natürlich von einigen Faktoren wie der aufgenommenen Menge pro Zeiteinheit, dem Alkoholgehalt des Getränks, dem Gewicht, dem Alter oder den dazu parallel mit aufgenommenen Nährstoffen beeinflusst. Unser Körper stellt keinerlei Speicher für Alkohol bereit, d.h. er muss sich nach der Aufnahme sofort um eine entsprechende Verstoffwechslung kümmern. Hier besteht bereits der erste Knackpunkt, da unser Körper in Gegenwart von Alkohol alle derzeit in der Leber (dem zentralen Verteiler-Organ unseres Körpers) stattfindenden Stoffwechselvorgänge unterbricht. Priorität 1 zum Alkoholabbau besteht zudem, da Alkohol auf die Leber toxisch wirkt, d.h. sein Abbau kann bei chronischer Überschreitung einer bestimmten Menge (groben Vorgaben zur Folge 20g für die Frau und 40g für den Mann / 40g entsprechen etwa 400ml Rotwein oder 800ml Bier) sog. alkoholtoxische Leberschäden hervorrufen. Im Klartext führt regelmäßiger Konsum von „zu viel“ Alkohol zu Fettleber, weiter Leberhepatitis und dann auch zur Leberzirrhose.
Um das Thema Alkohol für die Gesundheit richtig einschätzen zu können sei noch erwähnt, dass der Abbau geringer Mengen über das Enzym ADH (Alkohol-Dehydrogenase) stattfindet, während es ab einer bestimmten Menge zur vermehrten Aktivierung von MEOS (dem mikrosomalen ethanoloxidierenden System) kommt, welches wesentlich mehr leberschädigendes Acetaldehyd als Abbauprodukt freisetzt.

Interessant
Niedrigeres Körpergewicht, höherer Fettmasseanteil und die geringere Verfügbarkeit von ADH sorgen dafür dass Alkohol bei Frauen stärker und länger wirkt
Nicht zu vergessen für uns Sportler ist die Tatsache, dass jedes Gramm Alkohol mit bis zu 7kcal zu Buche schlägt (man streitet sich über den genauen Brennwert – teilweise werden nur 5,7kcal/g genannt) und damit mehr Energie im Rahmen seiner Verstoffwechslung entstehen als dies bei Kohlenhydraten oder Protein der Fall ist.

Weitere Bad News -- In Verbindung mit der Störung des Leberstoffwechsels kommt es unter dem Einfluss von Alkohol zu:

  • Unterdrückung der Oxidation von Fett (Fettverbrennung)
  • Begünstigter Speicherung von Fett in die Adipozyten (Körperfettaufbau)
  • Vereinfachter Fettbildung da Alkohol als Vorstufe für die Fettsynthese fungiert
  • Verstärkter Ansammlung von Körperfett im Bauchbereich
  • Unterdrückte Verbrennung von Protein und Kohlenhydraten

Fazit
Bis hierhin steht eines fest. Bei Alkohol macht DIE DOSIS DAS GIFT. Fehlgeleitet vom priorisierten Alkoholabbau kommt es metabolisch unter dem Einfluss von Alkohol zudem zu eher unschönen Auswirkungen den Fettstoffwechsel betreffend
Alkohol beeinflusst das Schlafverhalten
Kennt ihr den Spruch von Eurem Opa der behauptet abends ein Bierchen zu trinken weil er damit besser schlafen kann? In der Tat wurde mit Alkohol und der Schlafsteuerung schon eine Menge geforscht, da sein Einfluss weitreichend scheint.

Alkohol als Einschlafhilfe?

JA zumindest in geringer Menge und immer unter dem Vorbehalt einer eintretenden Toleranz.

Alkohol und Schlafqualität

In Abhängigkeit von der aufgenommenen Menge wirken sich nur größere Mengen Alkohol (ab 3 Drinks) negativ auf hoch-regenerative Schlafphasen aus

Alkohol und nächtliche Hormonbildung

Negativ zu bewerten ist grundsätzlich ein hemmender Einfluss von Alkohol auf die Bildung von Melatonin (dem dominanten Schlafhormon) und Wachstumshormon

Fazit
Zu viel Alkohol beraubt uns der wichtigsten regenerativen Komponente und beeinflusst zudem das Aufkommen an Wachstumshormon negativ. Gerade wir Sportler legen großen Wert auf hohe GH-Werte in der Nacht da Muskeln ja bekanntlich deshalb „im Schlaf wachsen“

Alkohol und die Gesundheit

Bei dieser Thematik neigt der konventionelle Bodybuilder gerne etwas übers Ziel hinaus zu schießen. Warum? – Aktuellen Studien zur Folge scheint es nicht nur „gesünder“ zu sein wenig anstelle von viel zu trinken. Es ergeben sich zudem gesundheitliche Vorteile von Steady-Drinking (regelmäßiges Trinken kleiner Mengen) im Vergleich zur kompletten Abstinenz. Belegt wird dies beispielsweise von Vu in Hinblick auf das Blutfett- und Cholesterin-Profil, von Li in Hinblick auf das Diabetes-Typ2-Risiko oder von Yang Yang in Bezug auf die Herzgesundheit.

Um das Ganze etwas mundgerechter zu machen werden unterschiedlichen Angaben zur Folge Mengen von 24 bis 36g Alkohol pro Tag bei Männern und von 12 bis 20g bei Frauen als gesundheitlich förderlich beschrieben, nochmal deutlicher wenn diese über Wein aufgenommen werden. Ihr erinnert Euch an die maximal tolerierbare Menge der Leber? – Es passt!

Ob oder inwieweit der regelmäßige Konsum von Alkohol in Zusammenhang mit der Entstehung von Übergewicht steht ist bis zum heutigen Tage nicht eindeutig geklärt. Untersuchungen berichten einerseits von appetit-hemmenden Einflüssen, es ist aber auch die Rede von einem vermehrten Verlangen nach Kohlenhydraten unter Alkoholeinfluss, was sich als Reaktion aus dem Abbauvorgang ableiten lässt. Es stehen zu viele Variablen wie die Art des Alkohols, die Art des Konsums, die Menge und die gleichzeitig mit Alkohol verzehrten sonstigen Nährstoffe im Raum um hier etwas konkretes ausgeben zu können. Fest steht, dass Alkohol selbst Kalorien liefert und somit in die Energiebilanz mit aufgenommen werden muss!

Fazit
Anders als vielfach in unsere Szene propagiert, scheint eine gewisse Menge Alkohol tatsächlich „gesund“ zu sein - PUNKT

Alkohol und anabole Hormone

Kommen wir langsam aber sicher auf den Punkt und in diesem Zusammenhang auf den Einfluss von Alkohol auf Hormone die unsere Bemühungen Muskeln aufzubauen maßgeblich beeinflussen.
Wie oben bereits angeführt, steht Alkohol direkt mit einem reduzierten Aufkommen an Wachstumshormon in Verbindung. Es finden sich zudem mehrere Hinweise auf ein ebenfalls reduziertes Aufkommen an IGF-1 unter seinem Einfluss. Wenn es der Wissenschaft an etwas nicht mangelt, dann an Studien die einen negativen Effekt von Alkohol auf das Testosteronaufkommen belegen. Blöderweise tritt bei regelmäßigen Trinkern neben weniger Testosteron zeitgleich noch mehr Östrogen auf (Ich denke darauf hat nun wirklich kein Trainierender wirklich Lust).

Das große ABER findet sich nun wieder wenn es um die Menge geht. Taisto und Kollegen berichten mit der Aufnahme geringer Mengen Alkohol (0,5g / kg/kg) sogar von leicht erhöhten Testosteronwerten bei gesunden Männern, während bei Frauen mit der Aufnahme von 1,5 Gläsern Wein gerade mal eine Reduzierung des Testosteronaufkommens um 7% eintrat.

Fazit
Keine Frage – Zu viel Alkohol verschiebt das Hormonmilieu in einen Bereich in dem wir es nicht haben wollen. Auch hier scheint es jedoch eine klare Dosis-Wirkungsbeziehung zu geben, weshalb man mit der Aufnahme kleiner Mengen Alkohol nicht sofort um den Umfang seines Bizepses fürchten sollte.

Alkohol, Leistung und Muskelaufbau

Bianco und Kollegen befassten sich mit den Ergebnissen aus insgesamt 106 Studien zu Alkohol und dem Einfluss auf wichtige Kenngrößen für Muskelhypertrophie wie der Muskelproteinsynthese.
In Hinblick auf den Protein-Turnover stellten die Forscher zwar keinen „eiweiß-abbau-fördernden“ jedoch einen „eiweiß-aufbau-hemmenden“ Effekt fest, der sich über eine Hemmung des mächtigen anabolen Signal-Pfades mTOR bemerkbar machte und insbesondere bei Muskelfasern vom Typ IIb auftrat. Gerade sie sind für Bodybuilder besonders wichtig, da man Ihnen ein besonders hohes Hypertrophie-Potenzial unterstellt. Weitere Untersuchungen berichten nach der Aufnahme von Alkohol von einer Verringerung der Proteinsynthese im Bereich von 63%, es finden sich aber auch ganz neue Studien wie die von Duplanty und Kollegen die nur bei Männern in Verbindung mit Training von einer alkohol-induzierten Abnahme des mTOR-Pfades berichten, während bei Frauen ein derartiger Effekt nicht eintrat.

Vella und Smith schreiben in deren Übersichtsarbeit noch von etlichen offenen Fragezeichen in Hinblick von Alkohol uns seinem Effekt auf Leistungswerte und auch die Regeneration. Sie berichten dennoch von Muskelkrämpfen, Muskelschmerzen oder einem Verlust der Propriozeption (Koordination) als häufige Symptome von Alkoholmissbrauch. Auch der dehydrierende Einfluss von Alkohol ist sicher ein Thema dem man sich in Sachen Leistungserbringung widmen muss, ebenso wie ein Eingriff in die Thermoregulation und Körpertemperierung dank gefäßerweiternder Wirkung insbesondere peripherer Gefäße. Metabolisch weiß man von Alkohol um einen Einfluss auf den hepatischen (von der Leber ausgehend) Kohlenhydratstoffwechsel mit vereinzelt aufgetretener Hypoglykämie (Unterzuckerung), einer erhöhten Sekretion von Insulin als Reaktion auf kohlenhydrathaltige Mahlzeiten sowie einer nur mäßigen Erhöhung des Blutzuckerspiegels im Rahmen körperlicher Aktivität (Leistungsminderung!!). Natürlich beeinträchtige Alkohol die Reaktions- und Balancefähigkeit sowie feinmotorische Fertigkeiten. Ein direkter Einfluss auf die aerobe Leistungsfähigkeit wird ab einer bestimmte Dosis angenommen, gilt zum heutigen Zeitpunkt aber noch nicht als eindeutig belegt, ebenso wie es an Studien zur anaeroben Leistungsfähigkeit fehlt. Während sich mit Alkohol ein erhöhtes Aufkommen pro-inflammatorischer Zytokine unmittelbar nach der Belastung nachweisen lässt, mangelt es noch an eindeutigen Belegen in Hinblick auf Muskelschäden nach der Belastung (CK-Creatin-Kinase). Negative scheint Alkohol die Resynthese von Glykogen sowie die Regeneration funktioneller Elemente der Muskulatur zu beeinflussen.

Fazit
Es ist noch eine Menge Forschungsarbeit zum Thema Alkohol zu leisten. Unterm Strich stellt sein gezielter Einsatz für Leistung und Regeneration derzeit noch ein großes Wagnis dar

Resümee Alkohol im Bodybuilding

Lasst uns abschließend nun die Eingangsfrage beantworten: „Alkohol und Bodybuilding – Passt das zusammen?“ – Ein eindeutiges NEIN bekommt ihr von mir hier lediglich wenn es um die Aufnahme in direktem Zusammenhang mit Training bzw. intensiver Belastung geht. Hier und heute hat sich klar heraus gestellt, dass Alkohol in einer gewissen Menge einerseits keinen größeren Schaden anrichtet, andererseits der Gesundheit sogar zuträglich sein kann, weshalb es ein JA in dem Zusammenhang gibt, als Bodybuilder auch immer nachhaltig seine Gesundheit zu erhalten getreu dem Motto:

ALLES IN DER RICHTIGEN MENGE, IN RICHTIGER ART UND WEISE UND ZU SEINER ZEIT