Holistisches Training - ganzheitliches Krafttraining
Zeitgleiche Verbesserung von Maximalkraft, Kraftausdauer & Muskelaufbau
Anstatt das Training zu periodisieren, kannst du deine Maximalkraft, Kraftausdauer und den Muskelaufbau zugleich verbessern – ganz einfach mit einem holistischen Training.
Was heißt holistisches Training?
Wer Gewichte stemmt, entscheidet sich meist für eine Trainingsmethode, um diese dann für eine längere Zeit zu praktizieren. So kann das Training neben dem klassischen Muskelaufbau auch auf eine Verbesserung der Kraft oder Kraftausdauer abzielen. Verschiedene Muskelfasern in einer einzigen Trainingseinheit zu beanspruchen, wurde bislang oft als kontraproduktiv abgetan, obwohl es bereits viele Experten gibt, die sich für das holistische Training aussprechen.
Das holistische Training verfolgt dabei einen ganz speziellen Ansatz: Es ist ein ganzheitliches Training, das alle Muskelfasern gleichzeitig beansprucht. Dies funktioniert, indem es gleich mehrere Trainingsmethoden einbezieht, anstatt das Training zu periodisieren. Bedeutet: In einer einzigen Trainingseinheit können Reize für
- den Muskelaufbau,
- die Kraftausdauer und
- die Maximalkraft
gelegt werden. Für viele Sportler klingt dieser Ansatz vermutlich zu schön, um wahr zu sein. Dabei wurde der Grundstein für das holistische Training bereits 1993 gelegt – von einem gewissen Dr. Frederick Hatfield.
Holistisches Training – basierend auf der Hatfield Methode
Dr. Frederick Hatfield, geboren am 21. Oktober 1942, hat zahlreiche Rekorde im Powerlifting aufstellt, die zum Teil auch heute noch Bestand haben. Er machte sich das Prinzip des holistischen Trainings schon damals zunutze. Auf diese Weise konnte er mit seinen Beinen problemlos 400 Kilogramm stemmen, weshalb er nicht ganz unbegründet als „Dr. Squat“ bezeichnet wurde.
In den späten Neunzigerjahren wurde Hatfield zum Assistenztrainer des Powerlifiting-Verbandes ernannt, wobei er sein Engagement auch in der Wrestling-Vereinigung zeigte. Als Autor von zahlreichen Büchern gilt das holistische Training auch heute noch als Standardwerk für viele Powerlifter, Kraftsportler und Bodybuilder, die selbst nach vielen Jahren des Trainings ihre Leistungsfähigkeit verbessern wollen.
Belastung und Muskelfasern: Grundlagen des holistischen Trainings
Eines der bekanntesten Werke ist das Buch „Bodybuilding – A Scientific Approach“, in dem Hatfield die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Herangehensweise deutlich macht. Dabei rückte er das SAID-Prinzip ausdrücklich in den Mittelpunkt. Die Abkürzung SAID wird dabei mit „Specific Adaption to Imposed Demand“ übersetzt, was bedeutet, dass der Körper sich immer an einen bestimmten Reiz anpassen muss.
Dieses Prinzip macht man sich zum Beispiel beim Muskelaufbau zunutze, indem die Muskulatur in jedem Training mit einem noch nie da gewesenen Reiz konfrontiert wird, beispielsweise durch mehr Wiederholungen, mehr Gewicht oder eine angewandte Intensitätstechnik. Der Muskel muss sich jedes Mal neu anpassen, weshalb er stärker und größer wird. Behält man dieses Prinzip das ganze Jahr über bei, werden die Muskeln zum kontinuierlichen Wachstum gezwungen.
Natürlich lässt sich dieses Prinzip auch auf jede andere Trainingsmethode anwenden – ganz gleich, ob der Fokus im Training auf dem Muskelaufbau oder der Verbesserung von Maximalkraft oder Kraftausdauer liegt.
Dass der Körper andersartig reagiert, liegt laut Hatfield an einem unterschiedlichen Aufbau von Muskelzellen, deren Zellbestandteile ungleich ausgeprägt sind. So machen Myofibrillen mit einem Anteil von bis zu 30 % den größten Anteil einer Muskelzelle aus, gefolgt vom sogenannten Sarkoplasma. Hierbei handelt es sich um den Inhalt einer Muskelzelle, mit einem Anteil von bis zu 30 %.
Weitere Bestandteile einer Muskelzelle sind Mitochondrien und Kapillaren. Kapillaren sind feine Blutgefäße, die bei einem muskulösen Menschen besonders gut ausgeprägt sind. Im Verhältnis zum Gesamtvolumen machen Mitochondrien bis zu 25 % einer Muskelzelle aus, während Kapillaren einen Anteil von 3 bis 5 % haben.
Hatfield hat diese Bestandteile als Grundlage für eine bessere Adaption herangezogen, um sich durch ein gezieltes Training der jeweiligen Zellbestandteile zu verbessern. Der Clou ist, sämtliche Bestandteile einer Muskelzelle in einer Trainingseinheit einzubeziehen. Dies kann zum Beispiel durch den Wechsel unterschiedlicher Wiederholungen geschehen. So sollen die Myofibrillen und das Sarkoplasma sehr gut auf ein Krafttraining ansprechen, während sich Mitochondrien und Kapillaren durch ein gezieltes Ausdauertraining verbessern lassen.
Laut Hatfield sollen die Muskelfasertypen eine ebenso große Rolle spielen. Jeder Muskel setzt sich zum Beispiel aus 3 verschiedenen Fasern zusammen, die unterschiedlich arbeiten. Während einige Muskelfasern ausdauernden Bewegungen standhalten können, sprechen andere vorwiegend auf hohe Belastungen an, die nicht allzu lange andauern.
Welche Fasertypen gibt es?
Insgesamt gibt es 3 verschiedene Fasertypen, die bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Wie stark die einzelnen Muskelfasern gewichtet sind, hängt in erster Linie von der Veranlagung ab. Zu den Muskelfasertypen gehören die
- roten Muskelfasern,
- weißen Muskelfasern und
- FTO-Fasern, besser bekannt als Intermediärfasern.
Rote Muskelfasern werden allgemein als ST-Fasern bezeichnet, auch bekannt als langsam zuckende Fasern (slow twitch). Sie zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Mitochondrien aus und können daher einer längeren Belastung (> 30 Min.) standhalten, wie zum Beispiel bei einem Ausdauer- oder Marathonlauf. Die Kontraktionsgeschwindigkeit der Fasern ist jedoch eher langsam.
Weiße Muskelfasern werden allgemein als FT-Fasern bezeichnet. Sie kontrahieren sehr schnell (fast twitch), haben jedoch nur eine begrenzte Ausdauer und ermüden rasch, wie zum Beispiel beim Bodybuilding oder Kraftsport.
FTO-Fasern sind Muskelfasern, die eine Mischung aus beiden Muskelfasern sind und durch ein gezieltes Training in Richtung FT- oder ST-Fasern trainiert werden können.
Wie sieht ein holistisches Training aus?
Das holistische Training greift den Grundgedanken von Dr. Frederick Hatfield auf, um nicht nur jede Muskelfaser, sondern auch die Hauptbestandteile der Muskelzelle zu beanspruchen. Und das nicht einzeln, wie bisher bekannt, sondern in jedem Training.
Für viele ist eine Beanspruchung sämtlicher Muskelfasertypen in einem Workout nur schwer vorstellbar, da das Training bislang oft periodisiert wurde. Auf ein mehrwöchiges Hypertrophietraining folgt zum Beispiel ein Kraftausdauer- oder Maximalkrafttraining, um die Kraft oder Ausdauer zu verbessern. Das Training setzt sich dabei nicht unbedingt aus unterschiedlichen Übungen oder Sätzen zusammen. Vielmehr wird die Anzahl an Wiederholungen verändert, um die Muskulatur unterschiedlich zu belasten und jeweils andere Muskelfasern anzusprechen.
So findet das Training wie folgt statt:
- Hypertrophietraining in einem Bereich von 8 bis 15 Wiederholungen,
- Kraftausdauertraining in einem Bereich von 15 bis 25 Wiederholungen,
- Maximalkrafttraining in einem Bereich von 4 bis 6 Wiederholungen
Nach dem holistischen Ansatz soll es jedoch möglich sein, mit unterschiedlichen Wiederholungszahlen zu arbeiten, ohne dabei auf eine regelmäßige Periodisierung zurückgreifen zu müssen.
Welche Vorteile hat das holistische Training?
Dr. Frederick Hatfield hat sich die Vorteile des holistischen Trainings schon damals zunutze gemacht, als er Rekorde im Powerlifting aufstellte. Mit 400 Kilogramm auf den Schultern Kniebeugen zu absolvieren, erscheint zunächst undenkbar, jedoch hat Hatfield mit seinem Spitznamen „Dr. Squat“ sprichwörtlich Geschichte geschrieben und ein Ausrufezeichen hinter seiner Hatfield-Methode gesetzt.
Heute rückt die Hatfield Methode als holistisches Training immer mehr in den Vordergrund, da man davon ausgeht, dass es von großem Vorteil sein kann, unterschiedliche Muskelfasern in einem Workout zu belasten. Ein Weglassen der Periodisierung, die vielen Athleten eher eine Last als Freude ist, könnte somit von großem Nutzen sein.
Durch den ganzheitlichen Ansatz des holistischen Trainings können das Hypertrophietraining, Maximalkrafttraining und die Kraftausdauer in jedem einzelnen Workout trainiert werden, anstatt sich nur auf einen Trainingsschwerpunkt zu konzentrieren. Auf diese Weise kann das holistische Training nicht nur zu einer zeitgleichen Leistungssteigerung unterschiedlicher Muskelfasern beitragen – durch das Training könnten Athleten auch viel Zeit einsparen. Nicht zu vergessen die Zeit, die der Körper zur Adaption eines neuen Trainingszyklus braucht.
Das holistische Training kann überdies weitere Vorteile haben. Durch die Einbeziehung unterschiedlicher Muskelfasern in einem Workout trägt das holistische Training zu
- einer besseren inter- und intramuskulären Koordination,
- einer Kräftigung von Muskeln, Sehnen und Bändern,
- einer besseren Kapillarisierung und Durchblutung,
- einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit roter und weißer Muskelfasern,
- einer Verkürzung der Trainingszeit
bei. Wer bislang nur im Rahmen einer Periodisierung trainiert hat, kennt die Nachteile dieses Trainingsprinzips nur zu gut. Meist gehen die Fortschritte eines jeweiligen Zyklus wieder verloren, sobald der nächste Trainingszyklus beginnt, da sich das Training einer Periodisierung immer auf einen Bereich konzentriert und den Muskelaufbau oder eine Verbesserung der Kraft oder Ausdauer in den Mittelpunkt stellt. Außerdem werden je Muskelgruppe oft viele Sätze (Volumentraining) absolviert, was in puncto Muskelaufbau oder Maximalkraft nicht immer von Vorteil ist.
Anstelle einer Periodisierung kann das holistische Training aufgrund der Einbeziehung unterschiedlicher Trainingsziele viel mehr Abwechslung in das Training bringen und zum gleichzeitigen Erhalt von Kraft, Ausdauer und Muskelmasse beitragen, da jedes Trainingsziel in das Training einbezogen wird. Die erworbenen Fortschritte im Training gehen dank der gleichmäßigen und regelmäßigen Belastung daher nicht verloren, was nicht nur der Muskulatur, Sehnen und Bänder, sondern auch der Psyche zugutekommt.
Insbesondere im Bodybuilding geht man derzeit davon aus, dass das holistische Training zu einem besseren Muskelaufbau führen kann, da es alle Fasertypen berücksichtigt. Klassische Gewöhnungseffekte, wie es während einer Periodisierung üblich ist, können dadurch vermieden werden.
So funktioniert das holistische Training
Das holistische Training lässt sich in der Praxis leicht umsetzen. Wichtig ist dabei, mit schweren Sätzen (Maximalkraft) zu beginnen und das Training mit einer höheren Satzzahl (Kraftausdauer) zu beenden. Da die Sätze stets bis zum Muskelversagen und einer hohen Intensität ausgeführt werden sollten, ist das holistische Training in erster Linie für fortgeschrittene Athleten geeignet, die das Training schon etwas länger praktizieren und mit der Ausführung der Übungen vertraut sind. Andernfalls könnte die hohe Belastung zu Verletzungen führen, was wiederum eine verletzungsbedingte Trainingspause nach sich ziehen könnte.
Das holistische Training wird dabei für jede Muskelgruppe angewendet, wobei jedes Mal 6 Sätze ausgeführt werden. Das holistische Training teilt sich dabei wie folgt auf:
- 1. & 2. Satz mit 4 – 6 Wiederholungen, die explosiv ausgeführt werden, zwischen den Sätzen erfolgt jeweils eine längere Pause von 3 – 5 Minuten
- 3. & 4. Satz mit 12 – 15 Wiederholungen, die moderat ausgeführt werden, zwischen den Sätzen erfolgt jeweils eine kurze Pause von 1 – 1,5 Minuten
- 5. & 6. Satz 15 – 25 Wiederholungen, die langsam und mit konstanter Spannung ausgeführt werden, zwischen den Sätzen erfolgt jeweils eine kurze Pause von 1 – 1,5 Minuten
In der Praxis könnte das holistische Training dann so aussehen:
- 1. & 2. Satz: 4 – 6 Wiederholungen an der Beinpresse
- 3. & 4. Satz: 12 – 15 Wiederholungen Kniebeugen
- 5. & 6. Satz: 15 – 25 Wiederholungen Beinstrecker
Was ist beim holistischen Training zu beachten?
Wie bei jedem anderen Training gibt es beim holistischen Training einiges zu beachten, um von den Vorteilen des ganzheitlichen Trainings profitieren zu können. Um sich in jedem der aufgeführten Bereiche verbessern zu können, sollte jeder einzelne Satz bis zum Muskelversagen durchgeführt werden. Durch die hohe Intensität ist der Körper ständig gezwungen, sich an die jeweilige Belastung im Training anzupassen, wodurch sich der Muskelaufbau, die Kraft und Ausdauer fortwährend verbessern lassen.
Das holistische Training sollte daher immer nach dem SAID Prinzip erfolgen. Aufgrund der hohen Belastung reicht es daher vollkommen aus, jede Muskelgruppe zweimal pro Woche zu belasten. Eine zu hohe und häufige Belastung wäre eher kontraproduktiv und würde im schlimmsten Fall zu einer Überlastung (Übertraining) führen.
Um die Regeneration nicht zu gefährden, bzw. diese bestmöglich zu unterstützen, sollte auf jeden Fall auf eine gute und zeitnahe Nährstoffversorgung nach dem Training (Post-Training) geachtet werden. In erster Linie benötigt der Körper hier eine rasche Zufuhr von schnell verdaulichem Protein (Whey Protein), schnell verfügbaren Kohlenhydraten, so wie essentiellen und semi-essentiellen Aminosäuren (EAAs, L-Glutamin, L-Leucin), Creatin und Beta-Alanine.Hier eignen sich vor allem fertige All-in-One Post-Workout Mischungen die bereits alle zu diesem Zeitpunkt erforderlichen Zutaten enthalten.
Welche Nachteile kann das holistische Training haben?
Trotz der vielen Vorteile kann das holistische Training auch einige Nachteile haben. So eignet es sich zum Beispiel nicht für Sportler, die sich aufgrund ihrer Sportart nur auf ein Trainingsprinzip konzentrieren. Dies kann zum Beispiel bei Kraftsportlern der Fall sein, die sich eine maximale Verbesserung der Kraft wünschen. Da das holistische Training jedoch die Verbesserung von Kraft, Ausdauer und Muskelaufbau im Blick hat, konzentriert sich das Training nicht nur auf einen einzigen Bereich.
Wie du bereits erfahren hast, hat das holistische Training eine Adaption in allen Bereichen zur Folge, weshalb das Trainingsprinzip grundsätzlich nicht für jeden Sportler geeignet ist. Wenn es jedoch um eine Kombination aus Muskelaufbau und Kraft geht, wie zum Beispiel im Bodybuilding, kann die Hatfield Methode von großem Vorteil sein. Hier kann die zusätzliche Einbeziehung der Kraftausdauer als abschließender Bestandteil des Trainings zu einer optimalen Kapillarisierung führen, was wiederum zu einer Verbesserung der Sauerstoffzufuhr und körperlichen Leistungsfähigkeit beitragen kann.
Fazit: Holistisches Training als effektive & zeitsparende Trainingsmethode
Anstatt sich nur auf den Muskelaufbau, die Maximalkraft oder die Kraftausdauer zu konzentrieren, ist das holistische Training eine ganzheitliche Methode, um sich in jedem der genannten Bereiche zu verbessern. Wer nicht nur einen Bereich im Blick hat, kann mit dem holistischen Trainingsprinzip, die auf der Hatfield-Methode basiert, große Fortschritte erzielen. Durch eine regelmäßige Belastung der Muskulatur in allen Bereichen können Rückschritte im Training vermieden werden, was zum Beispiel bei einer Periodisierung oft der Fall ist.
Das holistische Training wird dabei für jede Muskelgruppe angewendet, wobei jeweils 3 unterschiedliche Übungen zum Einsatz kommen. Je Übung werden dann jeweils 2 Sätze mit unterschiedlichen Intensitäten gemäß der Maximalkraft (4 bis 6 Wiederholungen), Hypertrophie (12 bis 15) und Kraftausdauer (15 bis 25 Wiederholungen) durchgeführt, um die unterschiedlichen Muskelfasern einzubeziehen und somit einen größeren Fortschritt im Training zu erzielen.