Muskelversagen zum Muskelaufbau

Training zum Muskelversagen – Ein Garant zum Muskelaufbau?

In diesem Artikel werden wir uns einem Thema zuwenden, zu dem es wahrscheinlich niemals eine wirkliche einheitliche Lösung unter den Experten und Bodybuildern geben wird. Die Rede ist von dem sagenumwobenen Muskelversagen und dessen Verwendung und Nutzen im Bodybuilding. Das Wort wird von vielen sehr gerne genutzt und häufig auch missverstanden. Weiterhin geht oftmals mit dem fast schon auswendig gelernten Begriff „Muskelversagen“ ein richtiges Schwarz-Weiß-Denken einher, wenn es um die Notwendigkeit für den Muskelaufbau geht, getreu dem Motto „Hast du auch bis zum Muskelversagen trainiert?“

Sie erfahren in diesem Artikel, was genau unter Muskelversagen zu verstehen ist und warum es häufig kein Muskelversagen eintritt, auch wenn Sie glauben selbiges erreicht zu haben. Weiterhin erklären wir Ihnen, wann es Sinn macht, das Muskelversagen gezielt einzusetzen und wer lieber Abstand vom Muskelversagen nehmen sollte!

Was genau ist Muskelversagen?

Training bis zum Muskelversagen

Ganz einfach kann gesagt werden, dass Muskelversagen erreicht ist, wenn man die Kontrolle über das Gewicht völlig verlieren würde (z.B. beim Bankdrücken es nicht einmal mehr herunterlassen könnte zur Brust). Hierbei würde das Gewicht Ihnen einfach aus der Hand fallen, weil einfach alles versagt hat. Dies wäre allerdings die extremste Form von Muskelversagen. Da Muskelversagen kein klar definierter Begriff ist und jeder etwas anderes darunter versteht, müssen wir an dieser Stelle etwas Aufräumarbeit betreiben.

Wenn wir nun also den Begriff „Muskelversagen“ wörtlich nehmen, dann käme tatsächlich nur in Frage, dass ein Muskel völlig versagt und seine Arbeit nicht mehr verrichten kann. Nun besitzt der Körper aber eine riesig große Anzahl an Muskeln und es wäre fast schon ausgeschlossen, dass alle Muskeln gleichzeitig versagen. Im Grunde sind es bei komplexen Übungen also immer nur Teilgruppen (je nach Stärke / Schwäche), die versagen, selten aber die ganze Kette, wenngleich die Bewegung natürlich nicht mehr durchgeführt werden kann.

Häufig wird unter Muskelversagen verstanden, dass keine weitere Wiederholung mehr durchgeführt werden kann. Die Sache ist dabei, dass es tatsächlich häufig stimmt, dass keine weitere Wiederholung mehr möglich ist. Der Muskel selbst muss dabei aber nicht versagt haben, sondern er kann evtl. einfach nicht mehr die benötigte Energiemenge aufbringen oder das Zentrale-Nervensystem schafft es nicht mehr genügend motorische Einheiten im Muskel zu rekrutieren!

Weiterhin ist es auch möglich, dass es je nach Muskelfasertypus zu einer sehr schnellen Übersäuerung der Muskulatur kommt. Hier versagt nicht wirklich die Muskulatur durch die Arbeitsleistung, sondern einfach durch eine fehlende Energiezufuhr, bzw. durch ein fehlendes Abtransportieren der Schadstoffe. Durch die Abschnürung der Muskulatur, die bei einer durchgehenden Belastung entsteht, füllt sich der Muskel dann immer mehr mit Milchsäure, bis es schließlich zum „Versagen“ kommt.

Wir können an dieser Stelle also festhalten, dass es etliche Gründe gibt, weshalb keine weitere Wiederholung mehr möglich ist, ein echtes Muskelversagen ist damit aber noch nicht zwangsläufig erreicht!

An dieser Stelle nochmals unsere Zusammenfassung, was im Internet und in den Studios gerne zusammen unter dem Begriff „Muskelversagen“ gemeint sein kann:

  1. Tatsächliches Versagen – Die Hantel fällt Ihnen einfach aus den Händen 
  2. Keine weitere saubere Wiederholung mehr möglich 
  3. Übersäuerung – Dadurch keine saubere Wiederholung mehr möglich

Wenn Ihnen also einer im Studio oder auch ein Trainer rät, dass Sie bitte Muskelversagen erreichen sollen, dann sollten Sie ihn demnächst nach seiner genauen Definition davon fragen!

So oft das Wort „Muskelversagen“ verwendet wird, so wenig haben sich die wenigsten darüber Gedanken gemacht, ob man dieses einheitlich definiert hat. Selbst im Internet ist zwar massenweise über Muskelversagen die Rede, eine wirklich einheitliche Definition findet man jedoch nicht.

Die üblichsten Varianten des Muskelversagens über die gesprochen wird basieren jedoch einerseits auf dem Versagen des Zentralen-Nervensystems und einer Übersäuerung. Interessanterweise kann jedoch jeder von Ihnen nachempfinden, dass es noch eine dritte Variante geben muss, die selten erwähnt wird. Wenn wir davon ausgehen, dass Sie folgendes tun würden:

1) Sie drücken ihr 3er Maximalgewicht, Sie schaffen mit aller Kraft keine vierte Wiederholung mehr - Von der Idee her kommt hier keine Übersäuerung in Frage, es ist so, dass Ihr Zentrales-Nervensystem nicht mehr genug motorische Einheiten kontrahiert bekommt, um das Gewicht zu bewegen - Rein gefühlt ist die Anstrengung zwar hart, aber durchaus machbar

2) Ganz leichtes Gewicht, 100 Wiederholungen, keine 101 Wiederholung mehr möglich - Interessanterweise extrem anstrengend, es baut jedoch keine Muskeln auf. Hauptsächlich kommt es hier zu einer Erschöpfung der Energiespeicher und zu einer Übersäuerung.

Beide Beispiele sind von uns extra überzogen, um Ihnen etwas zu verdeutlichen. Interessanterweise werden Sie mit keinem von beidem wirklich viel Muskelmasse aufbauen. Die zweite Variante dürfte auf Ihre eigene Art und Weise wesentlich oder anders anstrengend sein als die erste. Während bei der ersten Variante das Nervensystem versagt, kommt es bei der zweiten Variante wahrscheinlich eher zu einer Übersäuerung. Aber selbst wenn das Nervensystem versagen würde, worüber man sich wahrscheinlich streiten könnte, es wäre uninteressant und das aus folgendem Grund:

Bei beiden Varianten versagen Sie auf Ihre eigene Art und Weise hochgradig, bei zweiter Variante werden Sie sogar höllisch ausgebrannt sein, einen schönen Pump haben und das Gefühl viel geleistet zu haben. Wir versprechen Ihnen sogar, dass Sie einen starken Muskelkater haben werden.

Durch diese extremen Beispiele kommen wir der Idee aber einen Schritt weiter, den im Laufe des Artikels möchten wir ergründen, wie ein Muskelaufbau zu Stande kommt und ob das Muskelversagen seinen Teil dazu beitragen kann!

Was wir jetzt aber definitiv ausgeschlossen haben sind mehrere Sachen:

Das alleinige Muskelversagen ist kein zwangsläufiger Grund für Muskelaufbau Der Umstand eines Muskelkaters ist für sich alleine genommen kein zwangsläufiger Grund für einen Muskelaufbau Das Versagen des Nervensystems ist für sich alleine genommen kein zwangsläufiger Grund für einen Muskelaufbau

Drei Umstände, die wirklich in aller Munde sind, sind so betrachtet kein alleiniger Grund für Muskelaufbau. Zumal es auch etliche Athleten gibt, die niemals Muskelversagen erreichen und noch nicht mal im klassischen Hypertrophiebereich trainieren, wie z.B. beim dem Trainingplan Cluster HST!

Braucht es denn dann kein Muskelversagen zum Muskelaufbau?

Muskelaufbau durch Muskelversagen?

Ein echtes Muskelversagen, wie es zuerst im extremen Beispiel benannt wurde, werden wahrscheinlich die wenigsten regelmäßig erreichen. Neben dem, dass die Übungsqualität und Technik damit massiv beeinträchtigt wäre, würde auch das Verletzungsrisiko maximal in die Höhe schnellen.

Wenn in den Studios vom Muskelversagen gesprochen wird, dann geht es meist darum, dass man nicht aufhört, bis man die letztmögliche Wiederholung geschafft hat und den Partner evtl. für 1-3 weitere Wiederholung dazunimmt! An dieser Stelle muss man dabei sagen, dass bei der letztmöglichen Wiederholung meist kein Muskelversagen erreicht wurde!

Top 3 Trainingsmethoden zum Muskelaufbau

Die Frage ob ein Muskelversagen notwendig ist, sollte sich unserer Meinung nach so gar nicht stellen. Im Grunde sind Sie ja an einer schnellen bzw. maximalen Hypertrophie interessiert, also dem massiven Dickenwachstum der Muskulatur.

Höchstwahrscheinlich sind Sie an dieser Stelle jetzt noch ratloser als vorher, dies stellt aber kein Problem dar, denn wir erläutern Ihnen im Folgenden die Big Three der Trainingsessenzen, die sich im Laufe der Zeit zur Hypertrophie herauskristallisiert haben. Wichtig ist zu verstehen, dass es bei einigen Trainingssystemen, wie z.B. dem hoch-intensiven HIT Training zu einem „Muskelversagen“ kommen kann. Dieses ist aber nicht der Garantieschein für den Aufbau, sondern eine Begleiterscheinung der harten Trainingsmethode.

Variante 1 für den Aufbau: Volumentraining und Anhänger

Hier wird der Aufbaureiz über eine Mischung aus metabolen Komponenten (Muskelbrennen) und mechanischer Belastung (Gewicht x Wiederholungen) erreicht! Beim Volumentraining muss es also nicht zwangsläufig zu einem Muskelversagen kommen!

Variante 2 für den Aufbau: Die letztmöglichen Wiederholungen

Dieser Umstand scheint bisher sehr selten benannt. Bei Karsten Pfützenreuter, der Erfinder des PITT-Trainings trainiert damit hochkarätige Leute, wie z.B. Peter Baers. Die Idee dahinter ist, dass es hauptsächlich um die letztmöglichen Wiederholungen geht, also die Wiederholungen, die extrem anstrengend sind. Aufgrund der Übersäuerung und des Zentralen-Nervensystems mit seiner Rekrutierung ist es aber so, dass Sie normalerweise halt nach 8-12 Wiederholungen mit entsprechendem Gewicht nicht mehr können. Man könnte also sagen, Sie haben nun vielleicht 1-2 „letztmögliche“ Wiederholungen absolviert. Den Umstand löst man, indem man kurz Pause macht oder von Anfang an mit Einzelwiederholungen und kurzen Pausen arbeitet. Dadurch, dass man nach dem Satz eine kurze Pause von vielleicht 5-7 Sekunden einlegt, können die Muskeln und das Nervensystem „durchatmen“, ohne sich jedoch zu erholen, wodurch der Effekt der letztmöglichen Wiederholungen verschenkt wäre! Diese letztmöglichen Wiederholungen fühlen sich immer sehr stark in der Nähe des Versagens an. Interessanterweise haben diese Wiederholungen einen massiven Effekt auf den Muskelaufbau. So kann z.B. ein hochintensiver PITT-Satz mit 10 Wiederholungen + 10 letztmöglichen Wiederholungen einen wesentlich stärkeren Aufbaureiz auslösen, als dies mit 8 Sätzen á 8 Wiederholungen möglich wäre! Diese Idee haben sich auch damals die beliebten Atemkniebeugen und auch das Doggcrapp-Training zunutze gemacht (natürlich auch das klassische HIT). Man spricht häufig nur von der Intensität. Selten benannt wird, dass es diese letztmöglichen Wiederholungen sind, die scheinbar einen ganz eigenen und starken Effekt auf das Muskelwachstum ausüben.

Die letztmöglichen Wiederholungen fühlen sich nach Muskelversagen an, aber der Effekt der letztmöglichen Wiederholung liegt nicht im Muskelversagen, denn sonst könnte man auch ein 200RM nehmen, schließlich lässt sich mit diesem auch irgendwann ein Muskelversagen erreichen!

Variante 3 für den Aufbau: Reine Mechanische Belastung x Volumen

Sehr beliebt bei einigen Anwendern ist diese Methode. Diese findet sich hauptsächlich im Cluster HST, welches den Muskelaufbau weder über die metabole Schiene, noch über die letztmöglichen Wiederholungen erreicht. Das Cluster HST arbeitet rein über die mechanische Belastung und ein hohes Volumen. So werden meist Grundübungen durchgeführt und z.B. 10x3 Wiederholungen mit 80% des 1RM durchgeführt (manchmal auch viel mehr). Der Vorteil an der Variante ist, dass Ihr Nervensystem geschont wird und Sie gleichzeitig eine sehr hohe mechanische Belastung im Training absolvieren!

Im Grunde ist damit das Geheimnis gelüftet. Fast alle Systeme basieren auf diesen 3 Hypertrophie-Bereichen oder einer Mischung aus diesen! Sie müssen im Grunde für sich feststellen, welcher Typus Sie sind. Einige springen wirklich super auf die letztmöglichen Wiederholungen an (was meist im Studio auch mit Muskelversagen gemeint ist). Andere wiederum brennen dabei völlig aus und erreichen dafür mit dem rein mechanischen Cluster HST super Erfolge. Es kommt hier auch sehr stark darauf an, wie Ihr Körper strukturiert ist. Am einfachsten probieren Sie alle drei Varianten aus und dann schauen Sie, was Sie genau benötigen!

Fazit Muskelversagen für den Aufbau

Wie Sie gesehen haben, muss das Muskelversagen erst einmal richtig definiert werden, bevor wir ein Urteil darüber abgeben können. Betrachtet man es als letztmögliche Wiederholung im klassischen Hypertrophie-Bereich, dann sind erstaunliche Erfolge möglich. Wer aber davon ausgeht, dass reines Versagen, egal welcher Art für den Aufbaureiz sorgt, der irrt. Ebenso irrt, wer davon ausgeht, dass es außer den intensiven letztmöglichen Wiederholungen keine weiteren Methoden für einen super Muskelaufbau gibt. Wie bei allem gilt, dass Sie es probieren müssen. Mit diesen Ideen im Hinterkopf werden Sie sicherlich schnell Ihre perfekte Dosierung und Vorgehensweise finden! Falls Sie noch Fragen zu diesem Artikel haben, dann steht Ihnen das Team von Sportnahrung-Engel natürlich jederzeit gerne mit Rat und Tat zur Seite!

Bild 1: Sportnahrung-Engel Athleten Peter & Nino beim Training
Bild 2: Ilario & Peak Athlet Fabrice beim Schultertraining