Hilft nur schweres Training für Muskelaufbau?

Große Gewichte für große Muskeln? class=
Christian Engel
Autor: Christian Engel
Liz. Coach für Training und Ernährung
aktualisiert am: 22.11.2023

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Mehr Muskeln aufbauen durch schwere Übungen

Wer Muskeln aufbauen möchte, sollte bei den jeweiligen Übungen mit schweren Gewichten trainieren. Aus diesem Grund setzen sich viele Athleten maximalen Reizen im Training aus. Doch: Ist das wirklich sinnvoll? Dieser Artikel geht der Frage nach, ob schwere Gewichte im Krafttraining tatsächlich notwendig sind, um mehr Kraft und Muskeln aufzubauen.

Warum mit schweren Gewichten trainieren?

Anfangs fällt der Muskelaufbau noch recht leicht. Im fortgeschrittenem Trainingsstadium werden die Fortschritte jedoch immer kleiner. Wer sich in dieser Phase noch mehr Muskeln wünscht, muss beim Krafttraining mit schweren Gewichten trainieren, sagen viele Experten. Warum ist das so?

Normalerweise ist der Körper immer bestrebt, das Optimum zu halten. Aus diesem Grund ist es auch gar nicht so leicht, massive Muskeln zu bekommen. Viele Sportler gehen beispielsweise sogar regelmäßig ins Fitnessstudio, ohne eine nennenswerte Muskelmasse aufzubauen, weil das Gewicht entweder zu leicht ist oder weil sie beim Training nicht an ihre Grenzen gehen.

Laut vieler Meinungen liegt hier jedoch der Fehler. Denn: Der Reiz muss im Training stets überschwellig sein, um den Muskelaufbau anzuregen. Ist er zu gering, findet auch kein Muskelwachstum statt. So einfach ist das. Im Klartext bedeutet das, dass Du jedes Mal an Deine Grenzen gehen und bis zum Muskelversagen trainieren musst. An einem Tag hart zu trainieren und die Hanteln an einem anderen Tag vorzeitig aus der Hand zu legen, tragen nicht zum Muskelaufbau bei.

Der Körper ist ein wahres Wunderwerk und zur Anpassung fähig. Bevor er sich jedoch „bemüht“, sich anzupassen, braucht er einen Reiz. Dieser Reiz ist mit einem Baum vergleichbar, der bei längerer Trockenheit gezwungen ist, stärkere und längere Wurzeln zu bilden, um tiefer liegende Wasserreserven zu erreichen. Sobald der Reiz nicht groß genug ist, findet kein Muskelaufbau statt, da die Muskeln in ihrer „Komfortzone“ bleiben.

Wie schwer sollte das Gewicht im Krafttraining sein?

Das Gewicht sollte immer so schwer sein, dass die jeweiligen Muskeln die eben erwähnte Komfortzone verlassen müssen. Muskelkater ist durchaus erwünscht, sagen einige Experten, auch wenn dies in der Vergangenheit möglichst vermieden werden sollte. Grund: Beim überschwelligen Training bis zum Muskelversagen entstehen in der Muskulatur kleine Faserrisse. In der Folge produziert der Körper Laktat, auch besser bekannt als Milchsäure.

Wissenschaftler sollen diesbezüglich herausgefunden haben, dass der körpereigene Wirkstoff den Muskelaufbau verbessern kann. Laktat wird jedoch nur gebildet, wenn der Trainingsreiz groß genug ist. Das heißt, dass der Körper gezwungen wird, Laktat zu bilden. Sind die Gewichte nicht schwer genug, wird auch kein Laktat gebildet. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Gewichte vorschnell abgelegt werden, sobald die Muskeln zu brennen beginnen. Für viele Sportler ist das Brennen der Muskeln eine sehr unangenehmes Gefühl, das buchstäblich mit „Schmerzen“ verbunden wird.

Das Brennen ist als Stresszustand zu verstehen, den der Körper möglichst schnell wieder ausgleichen möchte. Die durch die schweren Gewichte gesetzten Muskelfaserrisse setzen dabei den Grundstein für einen erfolgreichen Muskelaufbau. Diese werden in der anschließenden Regenerationsphase wieder repariert, damit die Muskeln wieder ihre volle Leistungsfähigkeit erreichen.

Nur wenn der Reiz im Training groß genug ist, muss der Körper mit Anpassung reagieren. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, den Körper in jedem Training bis zum Muskelversagen zu bringen und ihn somit zur Anpassung zu zwingen. Alleine ist dies oft nicht möglich – vor allem bei schweren Gewichten und Grundübungen, wie zum Beispiel Kniebeugen, Kreuzheben und Bankdrücken, die schnell zu Verletzungen führen können.

Aus diesem Grund bevorzugen viele Athleten ein schweres Training mit Partner, um an die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit gehen zu können. Sobald sich die Belastung durch ein Brennen in der Muskulatur bemerkbar macht, erzwingen sie noch ein paar Wiederholungen mit Partner, selbst wenn die „Schmerzen“ nahezu unerträglich erscheinen.

Schwere Gewichte für den Muskelaufbau – nicht immer produktiv

An dieser Stelle muss noch einmal gesagt werden, dass diese Schmerzen „positiv“ sind und sich von ernsthaften Muskel- oder Gelenkschmerzen unterscheiden. Muskel- und Gelenkschmerzen sollten immer ernst genommen und behandelt werden. Oft geht diesen Schmerzen eine zu hohe Belastung voraus. Bedeutet: Wer von seinem Körper mehr verlangt, als er letztendlich leisten kann, riskiert Verletzungen.

Diese Überlastung geht meistens mit einem falschen Ego einher. Viele Athleten – insbesondere Anfänger – wollen sich im Fitnessstudio oft nicht „die Blöße geben“ und legen deshalb mehr Gewicht auf, als sie bewältigen können. Wer langfristig auf diese Weise trainiert, wird zwar „scheinbar“ mehr Gewicht bewegen, die Bewegungen jedoch weder korrekt noch in vollem Umfang ausführen (abfälschen). Dadurch werden die Gelenke und Muskeln falsch belastet, was wiederum zu Gelenk- und Muskelproblemen führen kann.

Wie viele Wiederholungen mit schweren Gewichten?

Wie viele Wiederholungen für den Muskelaufbau erforderlich sind – darüber streiten sich viele Experten. Im Grunde ist die Anzahl der Wiederholungen von der jeweiligen Reizintensität abhängig. Die Reizintensität beschreibt wiederum das Gewicht, mit dem in einem Satz gearbeitet wird. Je höher das Gewicht ist, desto weniger Wiederholungen können in einem Satz absolviert werden.

Mit maximalem Gewicht ist nur eine Wiederholung je Satz machbar. Werden davon nur 40 bis 60 Prozent des Gewichts genommen, sind in der Regel 15 bis 25 Wiederholungen möglich. Die Reizintensität wird wie folgt aufgeteilt:

  • Kraftausdauer (15 – 25 Wiederholungen): 40 – 60 %
  • Hypertrophie (8 – 15 Wiederholungen): 60 – 80 %
  • Hypertrophie (6 – 8 Wiederholungen): 80 – 85 %
  • Maximalkraft (2 – 4 Wiederholungen): 90 – 95 %
  • Maximalkraft (1 – 2 Wiederholungen): 95 – 100 %

Die Tabelle zeigt, dass 6 bis 15 Wiederholungen am besten für den Muskelaufbau sind. Sie regen die Muskelfasern zum Wachstum an und setzen einen mittleren bis submaximalen Reiz. 6 bis 8 Wiederholungen können dabei nicht nur den Muskelaufbau unterstützen – sie können auch das Zusammenspiel der Muskelfasern untereinander verbessern, auch besser bekannt als intramuskuläre Koordination.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass Athleten, die massive Muskeln aufbauen möchten, mit einem Wiederholungsbereich von 6 bis 15 Wiederholungen arbeiten sollten. Es gibt jedoch auch Sportler, die mehr Wiederholungen absolvieren und sich daher in einem Wiederholungsbereich von 15 bis 25 Wiederholungen bewegen. Durch diese „leichte Intensität“ wird zwar in erster Linie die Kraftausdauer angesprochen, jedoch gibt es Sportler, die darauf durchaus mit einem besseren Muskelwachstum reagieren.

Einige Meinungen behaupten sogar, dass die Wiederholungszahl eher eine untergeordnete Rolle beim Aufbau von Muskelmasse ist. Wichtig ist vielmehr der Reiz, der in einem Satz auf die Muskulatur ausgeübt wird. Hier kommt wieder das Muskelversagen im Krafttraining ins Spiel: Sobald das Training bis zur Belastungsgrenze erfolgt, kann dies wesentlich zum Muskelwachstum beitragen.

Wie viel Gewicht für den Muskelaufbau?

Viele Sportler tun sich mit der Ermittlung des Gewichts schwer. Dabei spielen die Gewichte beim Training eine große Rolle. Das Gewicht sollte dabei so schwer sein, dass Du in dem besagten Wiederholungsbereich von 6 bis 8, beziehungsweise 8 bis 15 Wiederholungen bleibst. Das Gewicht sollte also weder zu leicht noch zu schwer sein. Die Übungen müssen in jedem Fall sauber und exakt durchgeführt werden und über den vollen Bewegungsradius gehen. Ausweichbewegungen und Schwungholen sind definitiv zu vermeiden.

Zuerst solltest Du das Gewicht ermitteln, mit dem Du eine einzige Wiederholung schaffst. Von diesem Gewicht nimmst Du dann 60 – 85 Prozent, um in dem angestrebten Wiederholungsbereich von 6 bis 15 Wiederholungen zu trainieren. Beispiel: Du schaffst beim Bankdrücken eine Wiederholung mit 80 Kilogramm. Für den Hypertrophie-Bereich wählst Du dann ein Gewicht von 48 bis 68 Kilogramm für den jeweiligen Satz aus.

Das Gewicht sollte dabei so gewählt sein, dass Du in dem jeweiligen Wiederholungsbereich bleibst. Solltest Du mehr als 6 bis 8, beziehungsweise 8 bis 15 Wiederholungen schaffen, kann das Gewicht geringfügig erhöht werden. Ziel des Trainings sollte immer sein, die letzte Wiederholung noch geradeso sauber ausführen zu können oder noch eine weitere saubere Wiederholung mit Partner anzuhängen. Gehen die Wiederholungszahlen über 15 Wiederholungen hinaus, bleibt der Reiz aus, der für einen effektiven Muskelaufbau von Bedeutung ist.

Welche Übungen für besseres Muskelwachstum?

Um mehr Muskelmasse aufzubauen, haben sich komplexe Übungen als besonders hilfreich erwiesen. Grund: Bei diesen Übungen werden gleich mehrere Muskelgruppen auf einmal belastet. Davon können nicht nur Anfänger, sondern auch Profis profitieren. Einer der größten Vorteile ist das intermuskuläre und intramuskuläre Zusammenspiel – das Zusammenspiel verschiedener Muskeln und das Zusammenspiel der Muskelfasern eines Muskels.

Dadurch können Sportler ihre Koordination enorm verbessern, was sich wiederum positiv auf die Mobilität und Leistungsfähigkeit auswirken kann. Bei Kniebeugen zum Beispiel sind viel mehr Muskeln an einer Bewegung beteiligt als am Beinstrecker oder Beinbeuger. Natürlich haben Isolationsübungen ebenso ihre Daseinsberechtigung im Bodybuilding und Kraftsport, weshalb es Sinn macht, sie mit komplexen Grundübungen zu kombinieren.

Das Training mit freien Gewichten hat dabei viele Vorteile – vor allem in Bezug auf die inter- und intramuskuläre Koordination. Hier müssen die Muskeln das Gewicht ausbalancieren, wodurch auch mehr Muskelfasern angesprochen werden, die dem Muskel seine Form verleihen und zu einer besseren Stabilität und Beweglichkeit beitragen.

Wie schwer trainieren für den Muskelaufbau?

Leider reichen schwere Gewichte bei vielen Athleten nicht aus, da der Muskelaufbau auch genetisch bedingt ist. Ob und in welchem Umfang Muskeln aufgebaut werden können, hängt im Wesentlichen von der Verteilung der Muskelfasern ab. Auf der einen Seite gibt es die langsam zuckenden, roten Muskelfasern, die in erster Linie ausdauernd arbeiten. Auf der anderen Seite ist der Bewegungsapparat aus weißen, schnell zuckenden Muskelfasern aufgebaut, die im Bodybuilding im Fokus stehen.

Einige Menschen sind von Natur aus mit einem größeren Anteil an weißen Muskelfasern ausgestattet, weshalb sie es beim Muskelaufbau etwas leichter haben. Andere wiederum – hierzu gehören vor allem die schlanken, schlaksigen Körpertypen, tun sich mit dem Muskelwachstum sehr schwer, da ihr Körper vorrangig aus roten Muskelfasern besteht.

Einigen Erfahrungen zufolge kann es von Vorteil sein, nicht gänzlich mit schweren Gewichten zu trainieren. Einige Sportler sollen diesbezüglich vor allem beim Beintraining auf hohe Wiederholungsbereiche ansprechen, die zwischen 20 und 50 Wiederholungen liegen können. Dadurch soll der Körper mehr anabole Hormone ausschütten, die sich wiederum nicht nur auf das Beintraining, sondern auf den gesamten Körper positiv auswirken können.

Schwere Gewichte oder mehr Wiederholungen: Was ist besser?

Wie der Artikel bereits gezeigt hat, ist das Training mit schweren Gewichten definitiv von großem Vorteil. Die Muskeln brauchen einen überschwelligen Reiz, um sich an die Belastung anzupassen und zu wachsen. Schon seit längerer Zeit kursiert allerdings die Meinung, dass der Muskelaufbau vermutlich auf zweierlei Wegen funktionieren kann: einerseits durch den Einsatz von schweren Gewichten und andererseits durch eine hohe Wiederholungszahl.

Wichtig ist dabei nur, dass der Muskel beim Training immer an seine Grenzen kommt. Heißt im Klartext: Die Übung so lange ausführen, bis nichts mehr geht. Studien sollen überdies ergeben haben, dass die optimale Belastung beim Muskelwachstum bei 60 Sekunden liegt. Das bedeutet, dass der Muskel eine Minute belastet werden muss, was bei einer niedrigen Wiederholungszahl nicht funktioniert.

Dies lässt sich womöglich mit langsamen Wiederholungen ausgleichen, indem das Gewicht deutlich langsamer bewegt wird, beispielsweise 4 bis 8 Sekunden lang in der konzentrischen oder exzentrischen Phase. Dadurch kann übrigens auch das inter- und intramuskuläre Zusammenspiel verbessert werden.

Wie kann ein Training mit schweren Gewichten aussehen?

Aufwärmen ist für ein Training mit schweren Gewicht ungemein wichtig. Andernfalls riskierst Du Verletzungen, die wiederum den Trainingserfolg zunichtemachen und schlimmstenfalls eine lange Regeneration erfordern. Daher gilt: Erst aufwärmen, dann trainieren!

Ein Warm-up muss nicht lange sein. Zehn Minuten reichen für die Erwärmung vollkommen aus, um den gesamten Bewegungsapparat geschmeidiger zu machen und den Stoffwechsel und die Durchblutung anzuregen. Das Warm-up sollte dabei in zwei Phasen stattfinden: Dem allgemeinen und dem spezifischen Aufwärmen.

Wärme Dich zunächst bei mittlerer Intensität auf dem Fahrradergometer auf und schließe dann ein spezifisches Warm-up an dem jeweiligen Gerät an, indem Du ein bis zwei Sätze mit moderatem Gewicht (maximal 50 Prozent des zu bewältigenden Arbeitsgewichts) absolvierst.

Einige Quellen empfehlen, sich zwischen den Sätzen zu dehnen. Andere Meinungen wiederum sprechen die Empfehlung aus, die Dehnung auf einen trainingsfreien Tag zu legen, da sie vor dem Training womöglich zulasten der Leistungsfähigkeit gehen kann.

Fazit: Schwere Gewichte beim Muskelaufbau von Vorteil

Das Training mit schweren Gewichten kann sich positiv auf das Muskelwachstum auswirken. Die Muskeln brauchen einen überschwelligen Reiz, um wachsen zu können. Andere Meinungen wiederum besagen, dass dies auch mit niedrigeren Gewichten funktionieren kann, sofern die jeweilige Übung bis zum Muskelversagen ausgeführt wird. Auch ist das Muskelaufbautraining von der Verteilung der weißen und roten Muskelfasern abhängig. Wer beispielsweise mehr rote Muskelfasern besitzt, wird eine weniger ausgeprägte Muskulatur haben als Menschen, die einen höheren Anteil an weißen Muskelfasern haben.