Loaded Stretching zum Muskelaufbau

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Mehr Muskeln mit gezielter Dehnung

Christian Engel
Autor: Christian Engel
Liz. Coach für Training und Ernährung
aktualisiert am: 24.04.2023

Loaded Stretching ist eine spezielle Dehnung, die den Muskelaufbau ebenso unterstützen kann wie ein herkömmliches Krafttraining. Beim Loaded Stretching geht es jedoch nicht um eine gewöhnliche Dehnung, die zur Lockerung der Muskulatur beiträgt. Ganz im Gegenteil: Diese Methode wird mithilfe eines Widerstandes durchgeführt, um den Muskelaufbau anzuregen und mehr Kraft zu entwickeln. Klingt interessant – vor allem für Bodybuilder*innen. Welche Vorteile diese Methode im Einzelnen hat, zeigt dieser Beitrag.

Was ist Loaded Stretching?

Viele Sportler*innen hören den Begriff „Loaded Stretching“ vermutlich das erste Mal. Dabei ist diese Methode schon seit vielen Jahren ein Thema – nicht nur im Bodybuilding, sondern auch in anderen Sportarten. Pavel Tsatsouline, russischer Trainer und einer der bekanntesten Befürworter des Kettlebell-Trainings, bezieht das Loaded Stretching regelmäßig in das Workout ein, um von den Vorteilen der Stretching-Methode zu profitieren.

Experten zufolge soll es sich hierbei um eine der besten Methoden im Bodybuilding und Kraftsport handeln, um den Muskelaufbau und die Kraft gleichermaßen zu verbessern. Gleichzeitig soll die Technik die Stärkung von Sehnen und Bändern unterstützen und somit zur Vorbeugung von Verletzungen beitragen.

Auch wenn das Loaded Stretching in der Regel mit Gewichten durchgeführt wird, reicht das eigene Körpergewicht normalerweise aus, um den jeweiligen Muskel optimal zu stimulieren und einen Reiz für den Muskelaufbau zu setzen. Verglichen mit einem vollen Workout ist die Zeit, die für das Loaded Stretching aufgewendet werden muss, gering. Aus diesem Grund ist das Stretching eine ideale Methode für den Urlaub, wenn beispielsweise keine Trainingsgeräte zur Hand sind.

Viele Sportler nutzen das Loaded Stretching auch, um ihr Training sinnvoll zu ergänzen und aus beiden Trainingsmethoden den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Nachfolgend erfährst Du, was hinter der Dehnung steckt und welche Vorteile sie hat.

Wie funktioniert Loaded Stretching?

Loaded Stretching unterscheidet sich wesentlich von herkömmlichen Dehnungsmethoden. Während gewöhnliche Dehnungen darauf abzielen, die jeweilige Muskulatur nur in der Länge zu strecken, kann das Loaded Stretching zur Verbesserung des Muskelaufbaus beitragen.

Anstatt den Muskel „nur“ zu dehnen, wird er bei dieser Dehnung in der Endposition maximal angespannt, während die Dehnung gehalten wird. Wie bereits gesagt, reicht das eigene Körpergewicht zur Ausführung der Übung vollkommen aus, wobei geübte Sportler die Dehnung durch die Zuhilfenahme eines Gewichts verstärken.

So wird das Loaded Stretching ausgeführt

Im ersten Schritt wird der zu trainierende Muskel in die dehnende Position gebracht. Am Beispiel der Brustmuskulatur würde dies bedeuten, langsam in den Liegestütz zu gehen und die Endposition zu halten. Alternativ können auch fliegende Bewegungen ausgeführt werden.

Während der exzentrischen Bewegung wird die Brustmuskulatur bereits bewusst angespannt. Es ist dabei von großem Vorteil, die exzentrische Bewegung möglichst langsam durchzuführen, um die Muskulatur bestmöglich unter Spannung zu setzen und diese Spannung auch wirklich zu spüren.

Am Ende der exzentrischen Bewegung wird die Spannung der Muskulatur noch einmal verstärkt. Diese isometrische Anspannung wird dann so lange gehalten, bis der Muskel unter dem Einfluss des Gewichts nachgibt (Muskelversagen).

Als maximale empfohlene Dauer für die Dehnung werden von vielen Experten 60 bis 90 Sekunden angegeben, die unter dem Einfluss des Körpergewichts bei Anfängern oft gar nicht erreicht werden können. Die maximale Spannung in der Endposition kann oft nur für einen Zeitraum von etwa 45 Sekunden aufrechterhalten werden.

Wird die empfohlene Spannungsdauer überschritten, empfiehlt es sich, die Übung mit einem Gewicht auszuführen, das in der Endposition so lange wie möglich gehalten wird. Im Falle von fliegenden Bewegungen für die Brustmuskulatur sollte die Übung immer mit einem Trainingspartner ausgeführt werden. Wer alleine trainiert, kann die Übung auch an einer Maschine oder einem Kabelzug absolvieren.

Natürlich kann die Technik auch für andere Muskelgruppen angewendet werden, sodass sich mit dem Loaded Stretching der gesamte Körper trainieren lässt. Wichtig ist, den jeweiligen Muskel immer in der maximalen gestreckten Position anzuspannen, beispielsweise

  • Rücken: Überzüge (gestreckte Position),
  • Brust: Fliegende Bewegungen (gestreckte Position),
  • Bizepscurls: Fast gestreckte Position (leichte Spannung),
  • Trizeps: French Press (gebeugte Position),
  • Quadrizeps: Bulgarian Split Squats (gebeugte Position),
  • Beinbeuger: Maschine (leicht gebeugte Position).

Ähnlich wie bei einem herkömmlichen Krafttraining können beim Loaded Stretching 3 bis 5 Sätze à 60 bis 90 Sekunden absolviert werden, obwohl dies nicht zwingend notwendig ist. Zwischen den Sätzen sollte eine Pause von etwa 2 bis 3 Minuten eingelegt werden. Erfahrungsgemäß nimmt die Kraft mit zunehmender Satzzahl ab, weshalb bei der Ausführung auf einen zusätzlichen Widerstand oft verzichtet werden kann.

Auf Anhieb hört sich dies vielleicht einfach an, jedoch bereitet das Loaded Stretching durchaus Schmerzen, die nur wenige Sportler wirklich bereit sind, durchzustehen. Wer diese Technik jedoch dauerhaft praktiziert und regelmäßig in sein Workout einbezieht, soll in kurzer Zeit sichtbare Resultate erzielen können.

Was passiert beim Loaded Stretching?

Loaded Stretching kann viele Vorteile haben – vor allem für Bodybuilder*innen, die eine kompakte, symmetrische Muskulatur und einen harmonischen Körperbau anstreben. Als unterstützende Maßnahme zum Training soll der Stretch zum Beispiel zu einer dichteren und pralleren Muskulatur und einer Zunahme der Muskelmasse beitragen. Doch: Was steckt eigentlich hinter der Dehnung und welche Vorteile kann sie im Einzelnen für Sportler*innen haben?

1. Aktivierung von mTor

Ein großer Vorteil ist, dass das Loaded Stretching zur Aktivierung von mTor beitragen kann. mTor ist ein Protein, das grundlegend nicht nur im menschlichen Körper, sondern auch in Säugetieren vorkommt. Es kann die Muskelproteinsynthese verbessern und wird einerseits durch das Training und andererseits durch die Ernährung stimuliert, beispielsweise durch eine verstärkte Zufuhr der Aminosäure Leucin. mTor wird vor allem dann ausgeschüttet, wenn der Muskel gegen einen erhöhten Widerstand arbeitet, wie es beispielsweise beim Loaded Stretching der Fall ist.

2. Aktivierung von IGF-1

Loaded Stretching kann einen weiteren Vorteil haben, indem es für eine Aktivierung von IGF-1 sorgen kann. IGF-1 – Abkürzung für insulin-like growths factor – ist ein Wachstumshormon, das zu einer stärkeren Stimulation des Muskelwachstums beitragen kann. IGF-1 wird von Fachleuten auch gerne als insulinähnlicher Wachstumsfaktor bezeichnet, das die Proteinsynthese verstärken kann.

Untersuchungen sollen gezeigt haben, dass die Ausschüttung von IGF-1 bei der Ausführung der exzentrischen Dehnung und der isometrischen Anspannung womöglich verstärkt wird. Ursache ist eine verminderte Durchblutung in der Zielmuskulatur, ausgelöst durch den verstärkten Muskelpump und einer gesteigerten Ansammlung von Laktat.

3. Aktivierung der weißen Muskelfasern

Klingt eigentlich paradox, jedoch werden beim Loaded Stretching vornehmlich die weißen Muskelfasern aktiviert. Diese Muskelfasern sind an intensiven, explosiven Bewegungen beteiligt, wie es beispielsweise beim Sprinten der Fall ist. Sie kontrahieren und ermüden sehr schnell, können durch ein entsprechendes Krafttraining jedoch schnell an Dicke gewinnen.

Dass beim Loaded Stretching hauptsächlich die weißen Muskelfasern in Aktion sind, liegt daran, dass diese Fasern ihre Energie nicht durch den Einfluss von Sauerstoff, sondern aus Glykogen beziehen. Glykogen ist ein Energielieferant, der aus Kohlenhydraten gewonnen und in der Muskulatur und Leber gespeichert wird.

4. Kräftigung von Sehnen und Bändern

Im normalen Training sind die Muskulatur und die Gelenke in der maximalen exzentrischen Phase besonders anfällig für Verletzungen. Das liegt vor allem daran, dass der Muskel in der Endposition maximal gedehnt ist. Gelenkverletzungen und Muskel(faser)risse sind insbesondere im Bodybuilding keine Seltenheit – vor allem, wenn mit einem hohen Widerstand trainiert wird.

Beim Loaded Stretching wird der Fokus auf die exzentrische Bewegung gelegt. Das ist die Bewegung, die bei der sauberen und langsamen Ausführung einer Übung als besonders anstrengend gilt. Noch intensiver wird die Bewegung, wenn sie in der Endposition isometrisch gehalten wird. Viel Gewicht ist zur Ausführung der Dehnung nicht erforderlich, was wiederum von großem Vorteil für die Gelenke und beteiligten Strukturen – hierzu gehören Muskeln, Knorpel, Sehnen und Bänder – ist.

Man geht davon aus, dass durch das Halten des Gewichts beim Loaded Stretching mehr muskuläre Strukturen aktiviert werden können als bei einem herkömmlichen Workout. Gleichzeitig wird die Muscle-Mind-Connection verbessert – jene Verbindung, die durch eine bewusste Konzentration auf den zu trainierenden Muskel entsteht. Die Gesamtheit der hier eben erwähnten Faktoren trägt zur allgemeinen Stärkung der Gelenke und Vorbeugung von Verletzungen bei.

5. Verbesserung der Beweglichkeit

Je höher das Gewicht beim Training ist, desto mehr leidet der Bewegungsumfang (Range of motion = ROM). Oft wird die Bewegung nicht bis zum Ende ausgeführt, da die Muskulatur aufgrund des zu bewältigenden Gewichts schlichtweg nicht in der Lage ist. Viele Sportler*innen messen dem ROM oft viel zu wenig Beachtung bei – häufig aus Angst vor Verletzungen. Dabei sollte das Gewicht nur so schwer sein, dass der volle Bewegungsradius bewältigt werden kann, damit der zu trainierende Muskel maximal gedehnt und angespannt wird.

Die maximale Dehnung – verbunden mit einem vollen ROM – kann wiederum zu einer Verbesserung der Beweglichkeit und einer Vorbeugung von Verletzungen beitragen, da beim Loaded Stretching (im Gegensatz zum herkömmlichen Krafttraining) mit wenig Gewicht trainiert wird. Überdies gehen Fachleute davon aus, dass ein gedehnter Muskel besser kontrahieren und wachsen kann.

6. Verminderte Ausschüttung von Cortisol

Cortisol ist ein Stresshormon, das nicht nur mit Stress in Verbindung gebracht wird, sondern auch beim Training ausgeschüttet wird. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn das Trainingsvolumen sehr hoch ist. Der Körper ist dann bestrebt, diesem Stresszustand mit einer hohen Ausschüttung von Cortisol entgegenzuwirken. Cortisol ist normalerweise ein Schutzmechanismus, um in einer Kampf-oder Flucht-Reaktion gewappnet zu sein.

Für Sportler stellt dies jedoch ein Problem dar, da das Stresshormon sämtliche Energiereserven mobilisiert. Da die Muskelglykogenspeicher aufgrund des umfangreichen Trainings nahezu aufgebraucht sind, greift der Körper schlimmstenfalls das Muskeleiweiß an, was wiederum einen Muskelabbau zur Folge haben kann.

Da das Loaded Stretching keine dynamische, sondern eine isometrische, statische Dehnung ist, soll sich die Ausschüttung von Cortisol in Grenzen halten. Dadurch kann das Risiko kataboler Prozesse deutlich minimiert werden.

Loaded Stretching mit dem Training kombinieren

Loaded Stretching ist keine neue, aber eine effektive Methode, um zu einer Verbesserung des Muskelaufbaus beizutragen und neuen Schwung in das Training zu bringen. Es gibt dabei mehrere Möglichkeiten, um die Dehnung in den Trainingsalltag zu integrieren.

Experten empfehlen, das Loaded Stretching am Ende einer Trainingseinheit anzuschließen, wenn die Muskeln aufgrund des Workouts schon vorbelastet sind und einen guten Pump aufweisen. Mit dem Loaded Stretching lässt sich noch das letzte Quäntchen Kraft aus dem Muskel herausholen, wodurch Sportler wiederum einen Reiz zur Anpassung setzen können (Progression). Hier kann zum Beispiel ein abschließender Satz Loaded Stretching bis zum Muskelversagen Anwendung finden.

Viele Sportler wenden die Dehnung auch gerne zwischendurch an, um katabolen Prozessen vorzubeugen, beispielsweise in Form von 3 bis 5 Sätzen mit einer Dauer von 60 bis 90 Sekunden. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass der Körper trotzdem genügend Erholung bekommt (Thema Übertraining).

Auch kann die Stretching-Methode im Urlaub eine gute Möglichkeit sein, um die trainingsfreie Zeit auch ohne Fitnessstudio zu überbrücken und dem Körper gleichzeitig etwas mehr Ruhe vom Krafttraining zu gönnen.

Fazit: Loaded Stretching als Ergänzung des Krafttrainings

Das Anspannen der Muskulatur in der maximalen gedehnten Position macht das Loaded Stretching zu einem effektiven Werkzeug für Menschen, die Muskeln aufbauen möchten. Die Methode kann entweder als Abwechslung oder ergänzend zum Krafttraining Anwendung finden, wobei das Körpergewicht als Widerstand meist ausreicht.

Langfristig kann der Stretch zu einer Stärkung der Muskulatur, einer besseren Beweglichkeit und einer Kräftigung von Gelenken, Sehnen und Bändern führen, was wiederum zur Vorbeugung von Verletzungen beitragen kann. Positiv ist auch, dass die Methode die Ausschüttung von Cortisol in Grenzen halten soll, sodass die Gefahr von katabolen Prozessen sinkt.